Samstag, 23. April 2011

Quantensprünge


Die Natur macht Sprünge. So baut die pazifische Platte mit der eurasischen Platte unvorstellbare Spannungen auf, die sich plötzlich entladen. Wann dies geschieht, weiss niemand. Nur dass es in Jahrzehnten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit und einer gewissen Stärke vorkommen wird, lässt sich voraussagen. Die Platten umschliessen den Planeten Erde wie eine gesprungene Schale das Ei. Im Innern ist es flüssig und sehr heiss. Am Ort des Bebens hebt oder senkt sich der Meeresboden entlang der Bruchlinie ruckartig. Die ganze kilometertiefe Wassermasse macht die Bewegung mit. Ein unvorstellbar grosses Quantum Energie entweicht als Wasser-Grundwelle mit beinahe Schallgeschwindigkeit zur Seite. An den Küsten speist sie die Wellen-Front mit gewaltigen, rasch nachfliessenden Wassermassen, die alles Menschengemachte zerstören und in der anschliessenden Gegenbewegung in den Schlund des Meeres zurückreissen.

Im Kleinsten regiert die Quanten-Sprung-Natur ebenso unerbittlich. Wann ein Atomkern zerfällt und zerstörerische, energiereiche Quanten abschickt, kann niemand wissen. Bekannt ist aber, wann die Hälfte von Uran235 in einer radioaktiven Zerfallskette zu Blei zerfallen ist, nämlich in 704 Millionen Jahren. Das in Kernreaktoren erbrütete, giftige Plutonium 239, das die Leber zerstört, besitzt eine Halbwertzeit von 24 Tausend Jahren. Beide Isotope dienen in den Reaktoren als Kernbrennstoff – wehe wenn die gesteuerte „Verbrennung“ aus dem Ruder läuft!

Japan zeigt drastisch, dass wir allen Grund haben, uns vor den Quantensprüngen zu fürchten. Sie gehören zur urtümlichen Natur und sind weder voraussagbar noch beherrschbar. Wir können nur kunstfertig ernten, was uns davon gnädig überlassen wird. Das gilt vom Meer ebenso, wie von der Sonne, vom Wind und von der Erdwärme, die mutmasslich durch einen planetarischen Kernreaktor im Erdinnern auf ewig gespeist wird. Mit Kollektoren auf den Dächern und Sonden in den Böden, mit Wind- und Wellenenergie dürfen wir weitermachen. Mit einem grösseren Solardach oder Windrad lässt sich elektrisch Autofahren. Dazu sind Computer notwendig, zur klugen Steuerung und Optimierung der hierzu nötigen Anlagen. Im Wallis gibt es ein Musterdorf mit Häusern, die von der öffentlichen Energieversorgung völlig unabhängig sind, und zwar ohne Komforteinbusse. Ob der hierzu notwendige Quantensprung in der Politik wohl bald gelingt?

Montag, 14. Februar 2011

Kartenportal 2



Mein vor drei Monaten erstellter Blog zu den im Internet zugänglichen Landkarten der Schweiz wurde von einem Verantwortlichen von www.kartenportal.ch kommentiert. Diese wertvollen Ergänzungen verdienen eine weitere Publizität. Kartenportal.ch ist ein zentraler Einstiegspunkt für die Internetrecherche nach gedruckten und digitalen Karten der Sammlungen, Archive und Geodatenanbieter in der Schweiz. Man kann in der Datenbank z.B. über Internet-Ressourcen > Art der Webseite: Digitale Kartensammlungen suchen. So fand ich etwa im Geoportal des Kantons Aargau einen Karten-Zeitvergleich, wo auf einen Blick historische Karten von 1802 bis heute in einem Gebiet Ihrer Wahl sichtbar sind. Wenn man nicht sehr präzis nach was bestimmten sucht, erhält man im Kartenportal.ch eine Liste, durch die man browsen kann. Bei Themen, z.B. Klima und Wetter, bekommt man eine Auswahl von entsprechenden Links, durch die man browsen kann.

Das Kartenportal wurde kürzlich überarbeitet. Schauen wir nach: In der Tat sind Karten für Normalbenützer am PC frei zugänglich. Man findet unter Internet Ressourcen die GIS-Karten, die mit höchst aufschlussreichen und praktisch nutzbaren Layern die Schweiz überziehen. GIS heisst geografisches Informationssystem[1], der Kanton Solothurn ging bei dessen Erschliessung voran[2]. Mamis Haus, von dem ich im Herbst berichtet, ist im Massstab 1:200 nun auf meinem PC sichtbar. Der geplante Gartenzaun kann ich hier auf den Zentimeter genau vermessen werden, ebenso wird das Polygon der Grundstückfläche auf einen Hundertstel Quadratmeter genau ausgegeben. Man sieht in welcher Zone es liegt, wo welche Wanderwege vorbeiführen, welche Biotope (Flachmoore, Magerwiesen) in der Nähe sind. Zu guter Letzt kann man beliebige Ausschnitte auf A3 mit 250 dpi plotten. Dieses Haus steht im Glarnerland; Glarus erlaubt den öffentlichen Zugang zum kantonalen Geodatenviewer. Im Kanton Zürich sind noch viele weitere GIS-Layer frei verfügbar, sogar die amtliche Vermessung im Massstab 1:500.

Der neue Atlas der Schweiz, der vom 3D-Bergpanorama bis zum Schaltbild der Hochspannungsfreileitungen an fantastische Topografien alles bietet, kann für 30 Tage frei heruntergeladen werden[3]. Wer auf Schusters Rappen die Landschaft erkundet, ist froh, nun endlich auf der Landeskarte frei und flüssig am Bildschirm navigieren und auch ausdrucken zu können[4]. Die Landeskarte ist im Massstab 1:10'000 am Bildschirm scharf, jeder Bergpfad ist sichtbar. Wer noch weiter suchen will, dem empfehle ich zu guter Letzt noch die Kartensuchmaschine der Hochschule Rapperswil[5]. Mit einem geeigneten Handy haben Sie die Wanderschweiz im Sack.
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[1] http://gis.hsr.ch/wiki/Online-Karten
[2] http://www.so.ch/departemente/bau-und-justiz/sogis.html
[3] www.atlasderschweiz.ch
[4] http://map.geo.admin.ch, mit Bike- und Wandervorschlägen auch auf www.schweizmobil.ch
[5] http://geometa.info ist eine Spezialsuchmaschine - eine Art 'GeoGoogle' - zum Suchen von kartografisch aufbereiteten Geoinformationen, wie beispielsweise interaktive Karten, Stadtpläne und Ortsnamen aus D, A und CH.

PS: GISWIKI und Google Maps und Google Earth nicht vergessen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Wege zur Stille


Schon vor 6 Jahren habe ich Tinnitus, an dem jede(r) Fünfte leidet, in dieser Kolumne behandelt. Nun hat sich in bemerkenswerten Forschungsergebnissen erhärtet, dass uns Tinnitus im Kopf (und nicht im Ohr) plagt. Zwar kann eine Innenohrschwäche den Anfang machen. Werden Tonfrequenzen kaum mehr wahrgenommen, entsteht oft ein Tinnitus an derselben Frequenz. Die beteiligten Hirnareale können mit modernsten bildgebenden Messungen identifiziert werden. Zugelassene Tinnitusmedikamente gibt es bislang nicht. Dem komplexen Leiden im elektrischen Netzwerk des Gehirns versucht man mit magnetischen Stimulatoren habhaft zu werden. TMS, transkranielle Magnetstimulation, steckt aber noch in den Anfängen. Solide Heilung erfährt man zu Hause durch regelmässiges Hören der eigenen Lieblingsmusik. Diese ist etwas verfremdet, die Tinnitusfrequenzen müssen aus dem Tonspektrum des Stücks ausgeblendet werden. Es werden die „guten“ Frequenzen aktiviert und die „bösen“ unterdrückt, herausgefiltert. Notched music heisst das in Neudeutsch. Nach sechs Monaten regelmässigen Hörens dieser individuell angepassten Musik sind die Erfolge spürbar. Dass es lange dauert, ist von Vorteil, denn die neuroplastische Umorganisation wird so nachhaltig eintrainiert. Es stellt sich eine subjektive Tinnitusminderung ein, die auch messtechnisch nachweisbar ist. Demnach kann der Tinnitus auf demselben Weg bekämpft werden, auf dem er entstanden ist. Ermöglicht wird dies durch die Plastizität der Hirnorganisation. Bemerkenswert ist nicht nur das Verfahren an sich, sondern der Paradigmenwechsel in der universitären Medizin. Nun wird die Tatsache anerkannt, dass wiederholte akustische Reize das Hirnnetzwerk nachhaltig verändern können, mit phänomenalen Heileffekten. An dieser Einsicht hat Alfred A. Tomatis zeitlebens gearbeitet - seine Ideen wurden von der Medizin abgelehnt, da sie „wissenschaftlich nicht haltbar“ seien. Heute hat sich das Blatt gewendet. Die Heilung von Tinnitus - vor 6 Jahren ein Ding der Unmöglichkeit - ist in Reichweite.

Wie Migräne ist Tinnitus in den meisten Fällen ein (harmloses) Leiden mit einer enormen psychologischen Wechselwirkung. Wie jenes ist auch Tinnitus im Zentrum (funktionell) verankert und wird oft peripher (organisch) ausgelöst. Wie jenes stehen die Belästigungen in scheinbar paradoxer Beziehung zum Allgemeinzustand (Tinnitus kommt, wenn man sich entspannt).

Oft ist bei den Tinnitusfrequenzen auch eine Hörschwäche messbar. Um dies zu verstehen, stellen Sie sich vor, was passiert, wenn altersbedingt die Hörbarkeit der hohen Töne abnimmt. Diesem ganz gewöhnlichen Alterungsvorgang versucht das Hirn entgegenzuwirken, indem es den inneren Verstärker so umprogrammiert, dass die betroffenen Töne gleich laut wahrgenommen werden. Durch die höhere Verstärkung wird aber auch das cochleare Körpergeräusch bei diesen Tonlagen vernehmbar, ganz ähnlich, wie wenn man die hohen Lagen eines Verstärkers so weit aufdreht, bis sein Grundrauschen ertönt. Gleichzeitig wird die Dynamik verkleinert, denn der Verstärker ist bei höherer Verstärkung schneller am Anschlag, wo das Signal nicht mehr lauter werden kann, sondern verzerrt. Ein störendes Grundrauschen bei gleichzeitig geringerer Dynamik in den höheren Lagen - dies ist Alterstinnitus. Schwer verständlich ist dies eigentlich nicht.

Warum geht es in der Medizin manchmal so lang, bis man die einfachen Phänomene durchschaut? Und adäquatere Behandlungsformen findet? Die "gezielte Beschallung" mit Bandstopp-Filtern, die nun als neue Erkenntnis gepriesen wird, hat Alfred A. Tomatis vor 10 und mehr Jahren publiziert, und damit seine jahrzehntelange empirische Forschungstätigkeit zusammenfasst. Er war ein selbständig denkender Aussenseiter und hat als praktizierender Arzt geforscht. Er wurde von der Medizin verlacht, nicht ernst genommen und noch heute nicht zitiert.

Die folgenden Schemata sollen nochmals veranschaulichen, wie einfach doch alles zu verstehen ist:

Fig. 1: Das junge Gehör verstärkt im ganzen Hörbereich (bis zur schwarzen Linie) so, dass das organische Grundrauschen (blau) unter der Wahnehmungsschwelle (Linie gelb gestrichelt) liegt. Der junge Mensch hört nur, was von aussen kommt.

Fig. 2: Das breitbandige Gehör (20 - 20'000 Hz) erleidet im Alter bei hohen Frequenzen einen zunehmende Hörschwäche, organisch bedingt. Die Dynamik (Abstand der maximalen Aussteuerung zum organischen Grundrauschen) nimmt dem entsprechend ab.

Fig. 3: Selbstverständlich kompensiert das Gehör, indem es die cochlearen Bereiche afferent umso eher verstärkt, je schwächer das Ohr den Schall in Nervenimpulse umzuwandeln vermag. Das Grundrauschen wird entsprechend verstärkt in diesen gestörten Frequenzbereichen. Es liegt dort über der Hörschelle und wird als Tinnitus wahrgenommen. In diesem Fall ist es ein Cluster bestehend aus vielen hohen und höchsten Frequenzen, das sich wie eine Art Sieden anhört. Diese Hörstörung ist im Alter weit verbreitet.

Quelle: http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1056345

Freitag, 26. November 2010

Kartenportal


Über Google Maps habe ich voriges Jahr berichtet. Seither benützen wir Maps ganz selbstverständlich bei fast allen topografischen Suchvorgängen. Ich habe alle Handwerker so gefunden, die mir bei der Renovation von Mamis Haus zu Hilfe kamen. Maps ist mit Branchen- und Adressinfos intelligent, aktuell und gratis verknüpft. Wer sich als Handwerker noch teuer in ein Verzeichnis einkauft, hat keinen Nutzen davon, weil man dazu heute selbstverständlich Google braucht.

Im schönen, langen Herbst war etwas Wandern angesagt. Auch hier hat Google Maps viel zu bieten, aber es befriedigt noch nicht ganz. Wenn es darum ging, durch schwieriges Gelände gangbare Routen zu finden, mussten wir auf unsere Landeskarten zurückgreifen. Sie sind unerreicht! Im Massstab 1:25000 sind selbst Trampelpfade verzeichnet und mit etwas Übung kann man herauslesen, ob sie gangbar sind und zum Ziele führen. Leider sind solche Karten am Bildschirm (oder im Handy) nicht ohne weiteres sichtbar, Urheberrechte und komplizierte Suchverfahren, die nur nach Schulung benutzbar sind, versperren den Zugang. Doch nun zeichnet sich auf der geografischen Suche im www.kartenportal.ch eine Trendwende ab. Die Karten wurden mit Steuergeldern geschaffen, es ist an der Zeit, sie dem Volk übers Internet verfügbar zu machen.

Im Kartenportal sieht man zunächst die Schweiz auf Google Maps, das alle kennen und bedienen können. Damit wählt man den Kartenausschnitt. Dazu ein Rechteck aufziehen z.B. über der Wanderregion zwischen Niederurnen, Glarus und Walenstadt. Rechts werden die dazu relevanten Karten gelistet, zuoberst die Wanderkarte Flumserberg - Walensee 1:25000 1976 der Schweiz. Landestopografie. Der durch diese Karte erfasste Bereich wird rot hinterlegt. Wer eine neuere Karte sucht, schiebt die linke Zeitmarke von 1950 auf 2000. Die oberste Karte ist nun eine Karte des Schweiz. Skiverbands, Walenstadt, Mürtschenstock - Wildhaus - Bad Ragaz. Eine optimale Karte, welche die Region genau abbildet, findet man in der Liste weiter unten als Blatt Spitzmeilen in 1:25'000 der Schweiz. Landestopografie, Jahrgang 2010. Man braucht nur mit der Maus darüber zu schweben und schon sieht man den Ausschnitt dieser Karte in Google Maps. Wer detailreichere Karten sucht, begrenzt den Massstab nun auf 1:1 bis 1:25'000. Hier wird auf eine ältere Spitzmeilen-Karte 1:25'000 verwiesen aus dem Jahr 2004 der Landestopografie. Interessanterweise bestreicht sie einen andern Ausschnitt, in welchem der Talalpsee mit Mürtschenstock nicht vorkommt. Hat man die Platzierung der Ausschnitte verändert, um den Wanderlustigen das Gebiet nicht abzuschneiden? Weiter unten in der Liste kommen exotischere Gross-Karten, die das Rechteck nur berühren oder als Ortspläne kleinste Ausschnitte darstellen.

Das Kartenportal verbindet den unermesslichen Kartenbestand mittels swissbib - dem Schweizer Bibliothekskatalog - mit den Bibliotheken, wo die Karte gelagert ist, sei es als Blatt oder als DVD. Man kann die Karte dort ausleihen oder sich im Lesesaal Kopien anfertigen lassen. Das ist für Google-Verwöhnte eher frustrierend. Das Finden einer passenden Karte funktioniert heute perfekt, der Zugang zum Kartenbild selbst aber ist nach wie vor durch eine viel zu grosse Bürokratie verstellt. Was nützt ein solcher Bibliotheks-Apparat, wenn er faktisch nur von Fachstudierenden benützt werden kann? Immerhin öffnete die Universität Zürich ihre neuen Forschungsarbeiten im Rahmen des Open Access Zora der surfenden Öffentlichkeit im Volltext. Und im Rahmen des Projekts retro.seals.ch werden zunehmend wissenschaftliche Zeitschriften retrodigitalisiert. Dass die Kartenpublikationen, zumal die älteren Ausgaben, auch bald on-line verfügbar werden, bleibt zu hoffen.

Es bleiben dem Wanderfreund und Skitourenfahrer die Routenbeschreibungen, die man durch einfaches Googeln findet. Mit „Wanderung Schilt“ beispielweise gelangt man direkt zu variablen Kartenausschnitten von Swisstopo, dem Portal der Landestopografie, wo die Route dazu verzeichnet ist. Hier scheint die Papierkarte mit der digitalen Pixelwelt zu verschmelzen. Davon Kopien zu machen und in den Rucksack zu legen ist wohl kaum verboten, selbst wenn die Swiss Map Mobile iPhone und iPad Edition noch sehr teuer ist.

Montag, 1. November 2010

Cyberfriedhöfe


Über Nacht ist Mami sanft entschlafen. Mit gut neunzig Jahren hat sie uns still verlassen. Die geerdete, gesunde Frau sprach wenig über ihren bevorstehenden Tod. Sie verbrachte ihr Leben in ländlicher Gegend; Leben und Tod waren ihr im natürlichen Verlauf vertraut.

Nun sind wir ins letzte Glied vorgerückt, oder ist es das erste? Gewiss ist, das Ende naht. Daran zu denken, ist schwer. Kein Wunder, haben sich die Menschen zugeredet, dass dies nicht das Ende sei. Einige scheinen aus überirdischen Quellen zu wissen, wie es im Jenseits weitergeht. Andere, wie jener Organist, der an Tausend Abdankungen gespielt und die Tröstungen alle mithören musste, lassen sich – wenn es für sie so weit ist – doch lieber überraschen. Niemand konnte von den Toten Auferstandene befragen. Dennoch kamen mit dem Internet – Mami war siebzig, als es mit dem WWW los ging, sie kannte es nur vom Hörensagen – einige neue Bewältigungsstrategien hinzu. Zum ersten sind da die kontroversen theologischen Ansichten, die es in Griffnähe bringt, etwa der Wikipedia-Artikel zur „Ganztodtheorie“, wie sie auch von Karl Barth vertreten wurde. Wie viel haben Menschen doch über den Tod spekuliert, er ist wahrlich ein unerschöpfliches Thema! Das bestätigt die Linksammlung „Der Tod im Internet“ auf Postmortal.de, die bereits über 4 Millionen mal besucht wurde.

Unabhängig von allen staatlichen Grenzen sind im Internet völlig neue Varianten von Gedächtnispflege und Trauerkultur entstanden: die virtuellen Friedhöfe. Sie heissen World Wide Cemetery, Garden of Remembrance, Cybercemetery, oder Virtual Memorial Garden, für 99 Dollar werden 99 Jahre unvergängliches Gedenken geboten. Maus und Modem haben hier den Steinmetz ersetzt. Bekanntlich vergisst das Internet nichts. Wer hier Spuren hinterlässt, wird sie immer finden. Der Grund dafür sind die zahlreichen Web-Server (der Gedächtnisraum im Internet wird inzwischen auf 10 hoch 10 Gigabytes geschätzt) und Einrichtungen wie Archive.org, die eigens dafür geschaffen wurden, alte Ausgaben von Webseiten, auch gelöschte Webseiten, zu archivieren. Wer sich eine persönliche Webseite zulegt, gestaltet unbewusst auch sein virtuelles Grabmal. Soziale Netze sind beliebt, Facebook, Xing und wie sie alle heissen, sie werden zunehmend von den Suchmaschinen erfasst und gepuffert. Facebook versetzt Tote Mitglieder in den „Memorial State“. Neue Portale für digitale Ewigkeit wie Stayalive.com, wo man Kerzen für Verstorbene anzünden kann, sie sind eigentlich überflüssig.

Für Mami übrigens blühen Blumen auf einem gediegenen Grab, wie sie es sich gewünscht hat, im Friedhof neben der Kirche.

Montag, 4. Oktober 2010

Kein Computer

Puls vom 27.09.2010
Der Film über Psychofonie beginnt bei Minute 8:30 (Glider nach rechts vorschieben)

„Das Hirn ist kein Computer – es arbeitet wie ein Herz, nämlich rhythmisch“, sagte Daniel Jeanmonod, Neurochirurg am Universitätsspital-Zürich. In der Tat leiden in der Schweiz gegen 20000 Menschen an Rhythmusstörungen im Thalamus, einer walnussähnlichen Formation mitten im Hirn. Winzige Zellgruppen feuern dort dysrhythmisch, nicht im Takt, wodurch sie das riesige Nerven-Orchester des Thalamus empfindlich stören. Zwischen Hirnrinde und Thalamus steigen diese Rhythmusbotschaften auf und ab. Es gibt keine Funktion, die aus dem Hirn kommt, die nicht durch Thalamus-Rhythmen gesteuert ist! Über der Hirnrinde kann das Spiel durch den Schädel hindurch mit oberflächlichen EEG-Elektroden elektrisch abgehört werden. In diesem Orchester mitten im Gehirn sitzen zuweilen auch schlechte Musiker, die für scheinbar so verschiedene Leiden wie chronisch neurogene Schmerzen, Tinnitus, Formen der Epilepsie, Parkinson, Impulsstörungen, alle in heftigster Ausprägung, ursächlich verantwortlich sind. Jeanmonod schaltet sie mit Hitzesonden, neuerdings sogar unblutig mit Schallwellen aus, die aus 1000 Lautsprecherchen von aussen, durch den Schädel hindurch, den Thalamus kubikmillimetergenau treffen. Bemerkenswert ist, dass die Ausschaltung zwar plötzlich erfolgt, die Auflösung der Symptome aber Wochen dauern kann, bis im Thalamus ein neues Konzertprogramm einstudiert ist, das ohne diese störenden Musiker auskommt. Weil damit auch grosse Ängste verbunden sind, wird dieser Heilungsprozess psychotherapeutisch begleitet.

In der Psychofonie benützen wir einen ähnlichen Weg: Wir nehmen das EEG in einem Moment, wo es nicht durch Symptome gestört ist, wenn es dem Patienten gut geht also, und wandeln es in Schallwellen um. Dies geschieht im Labor mit dem Computer, dergestalt, dass eine Notenpartitur entsteht. Die Notenschrift hat sich seit Jahrhunderten für das Musikhören bewährt. Im Computer lassen wir Lieblingsinstrumente des Patienten die Notenlinien spielen und brennen davon einen Hör-CD, fertig ist das Musikament. PULS im SF1 hat neuerdings darüber berichtet (s. Film oben). Mit Psychofonie geht es wie nach der minimal invasiven Hirnoperation: Die Symptome werden immer kleiner, bis sie nach Wochen Hörtraining (sprich Psychotherapie) ganz wegbleiben. Sie verschwinden ganz einfach. Das kann erschrecken, wenn man jahrelang unter schwerster Migräne gelitten und nichts geholfen hat!

Solche Heilmethoden mögen traditionellen neurologischen Paradigmen widersprechen. Auf den zweiten Blick aber entsprechen Sie einem neueren Verständnis komplexer Natur, die auch im Hirn immer nach neuen Fliessgleichgewichten strebt. Die damit befasste Synergetik wurde von den besten Köpfen der Naturwissenschaft längst entdeckt. Es gibt, wie sie fanden, keinen Dirigenten, der im Thalamus den Taktstock schwingt, es ist das Ensemble selbst, das aus sich heraus das Wunder lebendiger Musik hervorbringt. In selbstähnlicher Entsprechung hebt die vielfach grössere Hirnrinde ebenso zu schwingen an. Es ist ein anerkanntes Todeszeichen, dass dieses EEG-Schwingen versiegt. Achtsame Menschen wissen, dass sie im Innersten Musik sind, so wie auch die Planeten und die Sterne singen. Die Heilung liegt im Wiederfinden der je eigenen Musik. Wenn jemand sagt, ich brauche keine Psychofonie, ich habe meine Musik, die mir hilft, Trost, Ruhe, Erholung, Schmerzlosigkeit und Heilung zu finden, antworte ich, das glaube ich Ihnen. Fahren Sie damit fort. Doch viele Menschen glauben nicht an die Kraft der richtigen Musik, oder wissen nicht, welche Musik für sie die Beste ist. Ihnen allen steht nun die Psychofonie zu Dienste. Seit 15 Jahren haben wir einen Weg erprobt, über welchen das wirksame Musikament individuell hergestellt werden kann, aus einem einzigen perönlichen EEG. Wir wissen aus Studien und Erhebungen, wovon wir sprechen. Für Menschen, die ihre eigene Psychofonie bekommen, ist es eine Art "nach Hause kommen", wenn sie es hören. Sie dürfen festhalten: So tönt mein Hirn, wenn es mir gut geht. Das wirkt! Wie sehr es wirkt, zeicgt unsere neueste Studie im Originalartikel von Bruno Fricker und Burkhardt Seifert: Langzeiterfolge mit Psychofonie - Schmerzlinderung und Entspannung durch EEG-basierte Klangfolgen. Die schweizerische Arzt- & Spitalrevue, Nr. 1-2, 2010, S.48-50. (Link)
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Irène Dietschi: Operieren ohne Skalpell, Gehirnoperationen mit Ultraschall, 21. Juni 2009, NZZ am Sonntag (Link)
Daniel Jeanmonod: Hirnrhythmen in Gesundheit und Krankheit. Psychofonie-Symposium. 2001 (Link)
György Buzsáki: Rhythms of the Brain. Oxford University Press, 2006, 448 p.

Sonntag, 12. September 2010

Mamis Haus II



Mami geht es gut – im Pflegeheim, wohl für immer! Das eigene Heim, ein schmuckes Einfamilienhäuschen, steht nun leer. Es muss einer kleinen Innenrenovation unterzogen werden, um es bald vermieten zu können, denn das Pflegeheim kostet. Mami und Papi steckten fast all ihr Erspartes in ihr Zuhause. Insgesamt ist es deshalb in gutem Zustand. Ein alter Bauplan findet sich in den Akten. Darin sind die Fassadenansichten und Grundrisse genau vermasst. Nebst der Heizung sind das Bad und die Küche sanierungsbedürftig. In der Küche kann mit Tricks ein Zweit-WC eingebaut werden. Dazu sondern wir in der Küche 2 Quadratmeter aus, die wir vom Gang her mit einer schmalen Tür durch eine Balkenwand zugänglich machen. Der Maurer wollte eine 10cm Ytong-Wand in der Küche errichten. Zuviel, denn in ein 55 cm breites WC mag sie kein Erwachsener hineinzwängen. Mehr liegt wegen des Küchenfensters nicht drin. Also sparen wir durch den Einbau einer 8mm Stahlwand. Sie ist ebenso schwer wie die Ytong-Wand, also ebenso schalldicht. Denn in der Wohnküche mag niemand WC-Geräusche hören. Nun möchten auch die Handwerker (Plättlileger, Parkettier, Sanitär, Elektriker) wissen, was sie anbieten müssen, es soll ja schnell gehen. Die Raummasse können beschriftet werde. Mit einem Mausklick berechnet man Boden- und Wandflächen, umbaute Volumina. Grundrisse werden in verschiebbaren Schnittebenen geöffnet, Einsichten perspektivisch veranschaulicht. Ikea liefert alle Küchenkollektionen kompatibel, die Fabrik in Laufen das Porzellan. So sieht man schnell, ob neben der Dusche (statt Bad) noch ein zweiplätziges Lavabo Platz hat, und wie das WC-Geberit versteckt werden kann, wenn ein Fenster in die Quere kommt.

Was hat das alles mit Computer zu tun? Sehr viel, der PC leistet zur Planung die Hauptarbeit, genauer das Programm SketchUp, das bei Google in der siebten Generation gratis zu haben ist! Ich habe schon 2007 darüber berichtet, nun ist das Programm perfekt. Es hat insbesondere keine Unstabilitäten mehr und läuft flüssig, auch auf schwachen Computern. Magnetisch schneiden sich die Linien in einem Punkt. Schnell ist der alte Plan in SketchUp erfasst, Rechtecke können grob festgelegt und mit Masseingaben millimetergenau justiert werden. Wände werden verschnitten, Fenster platziert und ausgestanzt. Ein Tür wird im Gang nur einmal gezeichnet, dann lässt sie sich für jedes Zimmer repetieren. Mittelpunkte, Quadrate, Goldene Schnitte werden magnetisch vorgeschlagen. Eine Fertigtreppe kann gestreckt werden, damit sie hineinpasst. Drehbewegungen, Winkeleingaben, Kreise, alles ist im Handumdrehn da. Im Internet gibt es millionenfach brauchbare Vorlagen. Mit Beschichtungen und realen Parkettexturen und Fassaden verhübschen Sie Ihren Plan, und lassen zum Schluss den Sonnenstand von 17 Uhr in die Zimmer fluten. Architektur und Beleuchtung sind be-kanntlich Geschwister. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, dass sie den Raumklang Ihres Klavierstandorts simulieren und mit Dämpfungsmaterial experimentieren können.
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Siehe http://sketchup.google.com/intl/de

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