Donnerstag, 14. Juli 2011

Watt ihr Volt

Schema der Hochspannungsfreileitungen der Schweiz (Bild Swissgrid)

Energie steht im Zentrum der politischen Diskussion. Denn es steht ein ungeheurer Wandel an. Die verschlafene Gutgläubigkeit, die wir den Energiekonzernen entgegenbrachten, ist nicht mehr angemessen. Dass Alpiq, Axpo, BKW – und allen voran Tepco.jp – für die Versorgung mit elektrischer Energie schon sorgen werden, wird zunehmend hinterfragt [--> vgl. die Einschätzung des Physikers Sebastian Pflugbeil im Beobachter]. Auch den Schalmeien von BP mit ihrem Dreck, Tamoil mit ihrem Chef und anderen Oel-Trusts können wir nicht mehr vertrauen. Wie weiland der Computer im Kinderzimmer Einzug hielt, kümmert sich heute Papa um energiesparenden Wärmepumpen und Mama um energiefressenden Wäschetumbler. Bald wird sich jeder Dachdecker mit Fotovoltaik und mancher Banker mit der Reichweite der Autobatterie seines Tesla-Sportcoupés beschäftigen müssen. Doch Hand aufs Herz: Sind wir nicht alle mit Watt und Volt und Milliamperstunden mehr oder weniger überfordert? Wer sich nicht auskennt, kann aber nicht mitbestimmen. Die zwei Löcher der Steckdose sind zwar die wunderbarste Energiequelle, doch warum braucht es eigentlich drei? Elektrizität ist doch für breite Kreise eine Energie mit sieben Siegeln, und dennoch muss die Bevölkerung das Heft in die Hand nehmen, denn der Strom, den wir bisher von den Konzernen bezogen, wird bald umgekehrt fliessen müssen, irgendwo hin, wo er gerade gebraucht wird, von unseren Dächern und Windrädern zurück ins Stromleitungsnetz. Dessen Betreiberin Swissgrid bringt es auf den Punkt: "Ohne Netzausbau kein Atomausstieg." Um mit zu denken und mitreden zu können, kann es nicht schaden, etwas Sekundarschul-Physik aufzufrischen. Es schärft unseren Verstand für das, was auf uns zu kommt.

Stellen Sie sich den Strom wie Wasser in der Leitung vor. Wieviel Wasser pro Sekunde aus der Leitung fliesst wird in Ampere gemessen. Dem Druck in der Wasserleitung entspricht die elektrische Spannung. Sie wird in Volt gemessen. Wenn es am Brunnenrohr spritzt, ist der Druck hoch, wenn es dort nur tröpfelt, ist der Druck niedrig – Alltagserfahrungen. Wenn man die Spannung verdoppelt, verdoppelt sich an der Steckdose auch der Strom. Wenn wir am Brunnen den Hahnen fast zudrehen, kann auch bei hohen Druck (230 Volt) nicht viel Wasser fliessen. Wir haben es dann mit einem sparsamen Verbraucher zu tun.

Der Rasensprenger spritzt am stärksten, wenn der Druck hoch und der Hahnen offen ist. Volt x Ampere = Voltampere = Watt, so berechnet sich die elektrische Leistung, also die pro Zeiteinheit verbrauchte Elektrizität. Wenn ein Tausend Watt-Zimmerofen eine Stunde lang arbeitet, dann ist diese Arbeitsmenge eine Kilowattstunde (kWh). Der Ofen wandelt sie völlig in Wärme um. 1kWh kostet etwa 20 Rappen. Es gibt keinen energiesparenden Ofen, denn die Wärme entspricht exakt dem angelieferten Strom. Anders bei Lampen, diese erzeugen Licht und Wärme. Moderne Energiesparlampen erzeugen fast keine Wärme mehr, die elektrische Leistung wird fast ohne Wärmeverlust in Licht umgewandelt. Deshalb kann heute eine 10 Watt-Lampe sehr hell sein, früher gab die 10 Watt Glühlampe nur ein schummriges Licht und man musste stattdessen eine 100 Watt Lampe nehmen.

Batterien tragen die Bezeichnung Amperestunden. Gute Taschenlampenbatterien liefern drei Ampere während einer Stunde, oder 0.3 Ampere während 10 Stunden. Man kann einfach ausrechnen, wie lange die Lampe brennt. Wenn man am Birli 300mA (=0.3 Ampere) abliest und dieses für 3 Volt gebaut wurde, benötigen wir in der Stabtaschenlampe zwei 1.5 Volt Batterien, und die Lampe wird damit 10 Stunden lang brennen.

So einfach sind diese Rechnungen. Nun verstehen Sie auch die Megawatt eines Kraftwerks besser und können die Fläche der für Ihr Elektroauto benötigen Solarpanels auf Ihrem Dach ausrechnen. Ein guter Tumbler benötigt gemäss www.topten.ch 0.3 kWh Strom pro Kilo Wäsche, also 2 kWh pro Maschinenladung (6-7 kg). Das kostet also etwa 40 Rappen Strom. Wenn täglich die Wäsche einer Million Tumblerladungen getrocknet werden in der Schweiz sind das 2000 Megawattstunden Energie. Das KKW Mühleberg produzierte 8000 MWh in 24 Stunden. Würden alle die Wäsche aufhängen statt zu tumblern, könnte man bereits ein Viertel Mühleberg einsparen. Rechnen Sie es selber nach. Nun kann Ihnen niemand mehr Watt ihr Volt vormachen!