Dienstag, 24. Februar 2015

Urs Hölzle

In den Gassen von Liestal sah man den Bub WWF-Briefmarken verkaufen. Als Urs 1983 in die ETH eintrat, ahnte er noch nicht, dass auf seinen Schultern dereinst das Gewicht der vernetzten Welt lasten würde. Vier Jahre später hielt er den Master in Computerwissenschaften in Händen. Er hatte sich ausgezeichnete Grundlagen in Mathematik und Programmiertechnik erarbeitet. Mit einem Stipendium erwarb er den PhD an der Eliteuniversität Stanford im Silicon Valley. Sein sehr abstraktes Forschungsgebiet war die Optimierung von Computerhardware und deren Betriebssoftware. Sein Hund Yoshka war ein verspieltes Gegengewicht zur introvertierten Arbeit des Professors. 
Als Urs Hölzle 1999 bei Google anheuerte, war Yoshka mit dabei und prägte den verspielten Charakter dieser Firma mit. Hunde waren seither stets willkommen, das „Yoshka Café“ ist heute ein gemütlicher Treffpunkt im Googleplex. Hölzle ist der Hunderasse Leonberger, der Firma Google, und auch dem WWF als Direktor treu geblieben. Als Senior Vice President, Technical Infrastructure, ist er für die Data Centers verantwortlich, ohne die bei Google nichts funktionieren würde. In Hölzles Infrastruktur ist das Wissen und Können der Menschheit, alle Bücher, die Musik, die Kunst, die Geschichte und die News, alle Baupläne, Fachartikel und aller Klatsch und Tratsch – kurzum Poppers Welt 3 aufbewahrt und à jour gehalten. Der „Suchmaschinist“ (Handelszeitung) hat hier seine Lebensaufgabe gefunden. Seiner verschwiegenen Truppe gelang es, den Energieverbrauch im Vergleich zur Konkurrenz auf 50% zu senken. Dennoch verbrauchen Googles Data Centers die Energie von Flugzeugträgern. In den Rechnercluster wurden wohlfeile Ausschuss-Computer, die laufend ausfielen, zu Hunderttausenden verbaut, und dennoch wurde, dank Hölzles Software, eine unerreichte Verfügbarkeit von 99.97% erreicht, was jeden Firmenserver alt aussehen lässt. Gegenwärtig realisiert man für 10 Milliarden Dollar eine Google-Cloud, der man trauen kann und in welche sich die Programme verlagern werden, die heute noch in PCs einzeln installiert sind. Microsoft Office gibt es in der Online-Version bereits heute gratis! Das verwirrende tägliche Aufdatieren hätte dann ein Ende, und die PCs würden sich auf ihre Rolle als Mensch/Internet-Interfaces beschränken. Dem spröden und verlässlichen Naturmenschen aus dem Baselbiet könnte dies gelingen. Urs Hölzle wäre dann nicht nur Herr über das weltumspannende Datenmeer, in welchem bald auch führerlose Fahrzeuge sicherer ans Ziel gelangen, sondern überdies der Betreiber eines Teils der persönlichen Computer-Arbeitsplätze, von denen es bereits mehrere Milliarden gibt. Übrigens: Dass Google in Zürich einen Forschungs-Campus mit heute über 1500 Mitarbeitern aus 75 Ländern betreibt und in den nächsten Jahren noch massiv ausbauen wird, ist weitgehend der Initiative von Urs Hölzle zu verdanken. Die Ingenieure hier arbeiten an der Suchmaschine, Gmail, Youtube und Maps und es gibt auch ein Google Data-Center in Zürich. Im Schweizer-Fernsehen hat er sich auf Baaselditsch (mit amerikanischen Akzent) zur schweizerischen Forschungspolitik geäussert: Die ETH-Z bildet heute nur 70 Informatiker pro Jahrgang aus, in den USA sind es vergleichsweise 4x mehr.
Quellen:
1) Steven Levy: In The Plex: How Google Thinks, Works, and Shapes Our Lives (Google eBook), Simon and Schuster, 2011 - 432 Seiten, auch als Kindle, Audible, Paperback und in Deutsch erhältlich.
2) http://youtu.be/IC2DsWioYuY
3) http://youtu.be/FMyx99O5o-s
4) http://www.srf.ch/play/tv/einstein/video/google-fellow-urs-hoelzle-erlaeutert-die-bedeutung-der-green-it-?id=d4402890-dd68-4b95-ac9c-17e5d13a3d9f