Donnerstag, 27. Oktober 2011

Vom Dreibein zum Smartphone


Samsung Galaxy S II - mein Smartphone

Unsere Generation ist Zeuge einer beispiellosen Epoche. Informatik überzieht die Welt wie eine neue Haut. So wie die Haut funktionell das vielseitigste Organ des menschlichen oder tierischen Organismus ist, dient auch die Informatik der Abgrenzung von Innen und Außen, dem Schutz vor Umwelteinflüssen, der Repräsentation, Kommunikation und Wahrung des Homöostase (Wikipedia). Als Kinder hätten wir uns das gewiss nicht vorgestellt. In meiner Lehre durfte ich die Dreibeine (Transistoren) kennen lernen, kleinste Verstärker bzw. Schalteinheiten, die man heute als Atome der Informatik begreifen kann. Mein philosophisch angehauchter Lehrmeister schimpfte über sie, denn er liebte die geheimnisvoll glimmenden Elektronenröhren über alles, die schon wegen ihrer Grösse eine Informatik niemals ermöglicht hätten. Er hatte wohl eine dumpfe Ahnung davon, was da auf uns zurollte! Das Grösste am Transistor waren die drei Anschlussdrähte, die man schon bald ausmerzte, indem man auf einem Millimeter Silizium Transistor direkt an Transistor reihte und mittels im Vakuum aufgedampfter Leitungspläne integrierte.

Ich durfte als Lehrling eine elektronische Orgel noch mit Röhren bauen, dann eine dreimanualige mit Transistoren. Bis zu meinem Physik-Studienabschluss standen immer komplexere Funktionseinheiten zur Verfügung, die etwa zählen oder addieren konnten, oder die in Verbindung mit Messwandlern die Umwelt in die binäre Impulssprache der Informatik übersetzten. In der Rekrutenschule hantierten wir am neuen Flugzeug Mirage III, das nebst Transistoren auch noch fingerhutgrosse Elektronenröhren enthielt. Es war meine Begegnung mit Servosteuerungen, denn diesen Flieger konnte man mit Muskelkraft und menschlichem Reaktionsvermögen nicht mehr fliegen. Wir wurden damals auch Zeugen einer Entwicklungsrichtung, die Elektronen durch Wasser ersetzte, den in Plastic gefrästen Fluidics, die ebenfalls zu intelligenten Steuerungen zusammengebaut werden konnten. Wir stritten über die Frage, welche Technologie das Rennen wohl machen werde.

1970 wurde es still um die wasserbetriebenen Logikbausteine, den Fluidics. Zwischen Aussenwelt und Pilot entfalteten sich die Elektronen-Rechner ebenso raffiniert wie handgestrickt. Die Mirage war das ideale Lernobjekt, weil noch alles durchschaubar war und weil hier ein sanfter Fingerdruck einem tonnenschweren Luftdruck parieren konnte. Trotz Kanonen und Bombenschächten in diesen Flugapparaten, die das politische Motiv ihrer teuren Beschaffung waren, waren wir natürlich begeistert!

In den späten Siebzigerjahren war man so weit, bist zu zehntausend Transistoren in einen Chip zu integrieren, der Mikroprozessor war geboren. Damals schied sich die Informatikwelt in Motorola 6800, woraus die Mac-Computer entstanden und die Intel 8080-Linie, die dem späteren PC den Boden bereitete. Das wesentliche Gestaltungsmittel war von nun an das Programm. Wir programmierten die Prozessoren direkt in ihrer Maschinensprache. Wir lernten denken wie diese Winzlinge, und es machte uns Spass, deren Potenz in Anwendungen auszuloten. Eine solche Maschine registrierte den Pfiff einer Orgelpfeife und zerlegte den Klang in seine Obertöne, deren Anteile sich zeitlich veränderten, was die Lebendigkeit dieses Klanges ausmacht. Davon lieferte die Maschine nach Minuten Rechenzeit den Plot auf einem Blatt Papier. So lernten wir spielerisch verstehen, wie der Computer „denkt“. In einer weiteren Diplomarbeit, die ich 1977 am Institut für Technische Physik der ETH betreute, spielte das Klavier übrigens bald von selbst, weil der rasante Mikroprozessor das Spiel des Pianisten im Takt von Millisekunden codierte. Dieser „Midi-Code“ erlaubte es, in einem zweiten Lauf die Tasten ebenso flink und genau mit Zugmagneten zu bewegen. Jahre vor deren weltweiten Verbreitung durch Yamaha erfanden wir das Disklavier ebenso wie den Midi-Code, ohne den die Popmusiker nicht auskommen, wenn sie mit zwei, drei Musikern ein ganzes Orchester erklingen lassen wollen. Danach wurden die Rechner-Chips immer komplexer, man sprach von Computer-Architektur, der Aufbau der Schaltungen glich Stadtplänen, die Integration umfasste Hunderttausend Transistoren oder mehr. Zu Beginn der Achtzigerjahre tauchten damit die ersten Personalcomputer in den Büros auf. Sie arbeiteten mit 16Bit-Wörtern, von denen jedes 64'000 Zustände unterscheiden kann, dies mit 10 Millionen logischen Operationen pro Sekunde. Damit liessen sich Schreibmaschinen mit Autokorrektur bauen und Filme auf Bildschirmen präsentieren. Der Boden für den Siegeszug des Internet wurde gelegt, dessen Teilnehmer seit 1993 an solchen PCs hocken. Heute sind im Internet eine Milliarde Hosts, wie man die Schnittstellen zu seinen Benützern auch nennt.

Der geniale Entwickler Steven Jobs, auch als Apple-Prediger bekannt, begründete mit seinen Ideen in den letzten Jahren den iKult (iPod, iPad, iPhone, iTunes) und „bestimmt nicht nur, was wir kaufen, sondern auch, wie wir leben“ – nämlich mit einem flachen Kästchen vor der Nase, das uns mit allen erdenklichen Informationen, Musik vom Apple Server und Bildern immerdar und sekundenschnell aufklärt und beglückt. Man mag dazu stehen, wie man will, aber die Welt, vor allem die Jugend, ist dem iKult verfallen. Gut, dass es immer mehr Alternativen gibt, denn es gefällt uns nicht, unser ganzes Leben nach dem merkantilen iPrediger auszurichten. Jedenfalls ist der Wettbewerb über das geeignetste Medium zwischen Aussen und Innen, im Zugriff des Menschen auf ein allwissendes Informations-Universum, voll entbrannt. Die Chips, die heute dazu benutzt werden, besitzen etwa eine Milliarde Transistoren, und sie arbeiten mit 64Bit-Wörtern, von denen jedes 18 Trillionen Zustände ausdrücken kann. Die ungeheure Vielfalt dieser Welt liegt im Smartphone in Ihrer Hand. Dieses Potential kann nur von der Kreativität der ganzen Menschheit ausgeschöpft werden. Wohin es die Menschheit führt, ist noch nicht absehbar. Nebst vielen Fortschritten in technologischen Bereichen sind leider auch grosse Probleme aufgetaucht, allen voran die immer bedrohlicheren Instabilitäten in der Finanzwirtschaft, die ganz direkt durch den Siegeszug des Dreibeins ermöglicht und verursacht sind. Bei mir überwiegt die Freude darüber, dass ich an dieser historisch beispiellosen Entwicklung teilnehmen durfte, von Anfang an, und dass ich sie weiterhin mit wachem Auge verfolgen und in meiner Nische etwas mitgestalten darf.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Watt ihr Volt

Schema der Hochspannungsfreileitungen der Schweiz (Bild Swissgrid)

Energie steht im Zentrum der politischen Diskussion. Denn es steht ein ungeheurer Wandel an. Die verschlafene Gutgläubigkeit, die wir den Energiekonzernen entgegenbrachten, ist nicht mehr angemessen. Dass Alpiq, Axpo, BKW – und allen voran Tepco.jp – für die Versorgung mit elektrischer Energie schon sorgen werden, wird zunehmend hinterfragt [--> vgl. die Einschätzung des Physikers Sebastian Pflugbeil im Beobachter]. Auch den Schalmeien von BP mit ihrem Dreck, Tamoil mit ihrem Chef und anderen Oel-Trusts können wir nicht mehr vertrauen. Wie weiland der Computer im Kinderzimmer Einzug hielt, kümmert sich heute Papa um energiesparenden Wärmepumpen und Mama um energiefressenden Wäschetumbler. Bald wird sich jeder Dachdecker mit Fotovoltaik und mancher Banker mit der Reichweite der Autobatterie seines Tesla-Sportcoupés beschäftigen müssen. Doch Hand aufs Herz: Sind wir nicht alle mit Watt und Volt und Milliamperstunden mehr oder weniger überfordert? Wer sich nicht auskennt, kann aber nicht mitbestimmen. Die zwei Löcher der Steckdose sind zwar die wunderbarste Energiequelle, doch warum braucht es eigentlich drei? Elektrizität ist doch für breite Kreise eine Energie mit sieben Siegeln, und dennoch muss die Bevölkerung das Heft in die Hand nehmen, denn der Strom, den wir bisher von den Konzernen bezogen, wird bald umgekehrt fliessen müssen, irgendwo hin, wo er gerade gebraucht wird, von unseren Dächern und Windrädern zurück ins Stromleitungsnetz. Dessen Betreiberin Swissgrid bringt es auf den Punkt: "Ohne Netzausbau kein Atomausstieg." Um mit zu denken und mitreden zu können, kann es nicht schaden, etwas Sekundarschul-Physik aufzufrischen. Es schärft unseren Verstand für das, was auf uns zu kommt.

Stellen Sie sich den Strom wie Wasser in der Leitung vor. Wieviel Wasser pro Sekunde aus der Leitung fliesst wird in Ampere gemessen. Dem Druck in der Wasserleitung entspricht die elektrische Spannung. Sie wird in Volt gemessen. Wenn es am Brunnenrohr spritzt, ist der Druck hoch, wenn es dort nur tröpfelt, ist der Druck niedrig – Alltagserfahrungen. Wenn man die Spannung verdoppelt, verdoppelt sich an der Steckdose auch der Strom. Wenn wir am Brunnen den Hahnen fast zudrehen, kann auch bei hohen Druck (230 Volt) nicht viel Wasser fliessen. Wir haben es dann mit einem sparsamen Verbraucher zu tun.

Der Rasensprenger spritzt am stärksten, wenn der Druck hoch und der Hahnen offen ist. Volt x Ampere = Voltampere = Watt, so berechnet sich die elektrische Leistung, also die pro Zeiteinheit verbrauchte Elektrizität. Wenn ein Tausend Watt-Zimmerofen eine Stunde lang arbeitet, dann ist diese Arbeitsmenge eine Kilowattstunde (kWh). Der Ofen wandelt sie völlig in Wärme um. 1kWh kostet etwa 20 Rappen. Es gibt keinen energiesparenden Ofen, denn die Wärme entspricht exakt dem angelieferten Strom. Anders bei Lampen, diese erzeugen Licht und Wärme. Moderne Energiesparlampen erzeugen fast keine Wärme mehr, die elektrische Leistung wird fast ohne Wärmeverlust in Licht umgewandelt. Deshalb kann heute eine 10 Watt-Lampe sehr hell sein, früher gab die 10 Watt Glühlampe nur ein schummriges Licht und man musste stattdessen eine 100 Watt Lampe nehmen.

Batterien tragen die Bezeichnung Amperestunden. Gute Taschenlampenbatterien liefern drei Ampere während einer Stunde, oder 0.3 Ampere während 10 Stunden. Man kann einfach ausrechnen, wie lange die Lampe brennt. Wenn man am Birli 300mA (=0.3 Ampere) abliest und dieses für 3 Volt gebaut wurde, benötigen wir in der Stabtaschenlampe zwei 1.5 Volt Batterien, und die Lampe wird damit 10 Stunden lang brennen.

So einfach sind diese Rechnungen. Nun verstehen Sie auch die Megawatt eines Kraftwerks besser und können die Fläche der für Ihr Elektroauto benötigen Solarpanels auf Ihrem Dach ausrechnen. Ein guter Tumbler benötigt gemäss www.topten.ch 0.3 kWh Strom pro Kilo Wäsche, also 2 kWh pro Maschinenladung (6-7 kg). Das kostet also etwa 40 Rappen Strom. Wenn täglich die Wäsche einer Million Tumblerladungen getrocknet werden in der Schweiz sind das 2000 Megawattstunden Energie. Das KKW Mühleberg produzierte 8000 MWh in 24 Stunden. Würden alle die Wäsche aufhängen statt zu tumblern, könnte man bereits ein Viertel Mühleberg einsparen. Rechnen Sie es selber nach. Nun kann Ihnen niemand mehr Watt ihr Volt vormachen!

Mittwoch, 8. Juni 2011

Wussten Sie ...?


Wussten Sie, dass Sie die Lebensdauer Ihres Computers verdoppeln, wenn Sie ihn nachts abschalten. Die sich rasch und unablässig drehenden Festplatte, die Staubschleudern (Ventilatoren) und die heissesten Chips sind im Betrieb dem Verschleiss besonders ausgesetzt. Diese Abnützung wird unterbrochen, so lange der PC ruht. Ausserdem regeneriert sich das Betriebssystem, wenn das Computer-System am Morgen durch Neustart frisch aufgebaut werden muss. Das tut der Software gut, denn auch sie nützt sich durch den Gebrauch ab: Konflikte schleichen sich ein, kleinere und grössere Unstimmigkeiten und Ballast häufen sich, Schadsoftware nistet sich ein, die Fragmentierung verwildert, der einst schnelle PC wird mit der Zeit immer langsamer. Wenn Sie nie abschalten, wird das Software-Chaos immer grösser. Es dauert nun zwei oder drei Minuten, bis Sie endlich ins Internet gehen und die Mails herunterladen können. –
Also doch nicht abschalten, dann spare ich mir morgens diese wertvolle Zeit? –
Wussten Sie, dass sich der PC zu einer festgelegten Zeit, z.B. um 7 Uhr, automatische booten lässt? Dann schonen Sie ihn nächtens, und am Morgen, wenn Sie ins Büro kommen, ist er schon zum Surfen im Internet bereit. Auch im abgeschalteten Zustand tickt im PC eine Uhr, die den PC automatisch einschalten kann. Programmieren Sie diesen Wecker, der sich im BIOS befinden müsste!

Wussten Sie, dass der E-Mail-Empfang in Ihrem kürzlich angeschafften Smartphone neue Einstellungen auch in Ihrem PC erfordert. Sie sollten sich das IMAP-Protokoll genauer ansehen. Beim herkömmlichen POP-Protokoll lädt das Mailprogramm (Outlook oder andere) die Mails vollständig herunter, die alsdann mit Anhang in Ihrem PC gelagert und meistens beim Provider gelöscht werden. Bei IMAP wird vorerst nur die Betreffzeilen ins Mailprogramm geholt. Ebenso beim Smartphone und ggf. bei Ihren weiteren PCs. Sie schauen sich nur Mails an, die Sie interessieren, die anderen lassen sie links liegen. Die gesamte Mailinformation bleibt beim Provider (Swisscom oder andere). Hauptunterschied zu POP: Die Nachrichten bleiben stets auf dem Mailserver und werden nur zum Lesen kurzfristig auf den lokalen Rechner des Benutzers synchronisiert. Damit kann ein Benutzerin von verschiedenen Rechnern aus auf ein und dieselben E-Mails zugreifen, auch auf bereits abgerufene. Swisscom empfiehlt die Verwendung von IMAP bei mobiler E-Mail-Nutzung. Ihr gesamter Mailbestand wird sozusagen in einer Wolke gelagert, wo er durchsucht und sortiert werden kann und wo er Ihnen auch später zur Verfügung steht, wenn Sie sich mit Benutzername und Kennwort authentisieren. Die in Ihren Geräten gelagerte Information wird damit drastisch reduziert, das Smartphone bleibt smart. Löschen Sie Mails bedenkenlos – eine Kopie wäre bei Bedarf in der Wolke zu finden.

Das Wolkenprinzip lässt sich auch auf die ganze Büroinformation ausdehnen. Sie überlassen ihr Büro der Wolke, die es theoretisch für immer sicher speichert. Das Büro ist für Sie aus jedem Internetgerät von überall her greifbar. Zu welchen Informationen die Mitglieder einer Projektgruppe Zugang haben, können Sie durch Passwörter bestimmen. Ein Mitglied kann seinen Beitrag einbringen, der dann allen zur Verfügung steht. Diese Verlagerung substanzieller Information, weg von Ihrem Computer, hin in die unermesslichen Speicherkammern des Internet, ist ein aktueller Trend, der viele Vorteile bringt. Die Heimarbeit wird wieder aktueller denn je; vielleicht haben Sie im Betrieb gar kein Pult mehr, das nur Ihnen gehört. Es braucht freilich Mut und Vertrauen, alles wegzugeben, statt in Ordnern und Schränken einzuschliessen. Dafür haben Sie es immer und überall griffbereit. Mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben - das alles ist Teil der eigenen Cloud, die Anwender mit Windows 7 und Windows Live Essentials 2011 gestalten können, schreibt Microsoft. Alles liegt in Ihrem neuen PC schon bereit.

Montag, 16. Mai 2011

Ohne Computer


Heute etwas Schubert gehört, aus seiner Klaviermusik zu vier Händen, vorzüglich verbunden mit einem Nickerchen an einem Sonntagnachmittag. Warum werde ich durch das Hören dieser wunderbaren Musik immer in ein grünes Land entführt? Sie ist mein Inbegriff einer längst vergangenen ländlichen Idylle, wie wir sie einst im unteren Sittertal erlebten, an einem verschlafenen Juninachmittag in der Gesellschaft summender Insekten. Die nächste lärmende Strasse liegt unhörbar hinter bewaldeten Kuppen. Auf einem Flurweg zieht noch ein Pferd den Wagen, sonst ist da kein Laut. Träg und breit wälzt sich der Fluss in dreiviertel Schleifen durch Auen und verlorene Wälder. Weit und breit kein Haus, kein Mensch und kaum ein Wanderweg. Solche Idyllen gibt es noch, auch in der Schweiz, aber man muss sie entdecken. Zu Schuberts Zeiten mögen sie in der Landschaft rund um Wien normal gewesen sein. Als ich damals, jung verheiratet, mit meiner Allerliebsten dem Fluss entlangging, spürte ich es auch: Eine Welt schimmernd in Wehmut über eine längst verlorene Einsamkeit, die man, wie ein Glücksrausch, nur für einen Augenblick geniessen darf. Ein verklärter Augenblick, wo alles stimmt, wo nichts die versonnene Tiefe zerreisst, wo das Pendel still steht, wo ein fernes Lied von nirgendwo heranklingt und die Seele fortträgt «als flöge sie nach Haus».

Synästhesie zu Schuberts Musik, mit Augen, Ohren, Geruch und mit dem ganzen Gemüt.

Wenn der Computer etwas zerstört hat, dann dies: Idyllen ohne Computer. Man kann aber den PC benützen, um den Computer eine Weile auszusperren. Wenn man, wie ich bei www.emusic.com, sich in ein Lied versenkt, das die Seele entrückt. So sehr ist der Mensch mit dem Computer verbunden, dass er zur Maus greift, um sich vor dem Computer zu schützen.
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Eine Leserin machte mich darauf aufmerksam, dass man bei bzw. von Wikipedia Musik kostenlos herunterladen kann:
http://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Sound/list, siehe auch
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_online_music_databases

Samstag, 23. April 2011

Quantensprünge


Die Natur macht Sprünge. So baut die pazifische Platte mit der eurasischen Platte unvorstellbare Spannungen auf, die sich plötzlich entladen. Wann dies geschieht, weiss niemand. Nur dass es in Jahrzehnten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit und einer gewissen Stärke vorkommen wird, lässt sich voraussagen. Die Platten umschliessen den Planeten Erde wie eine gesprungene Schale das Ei. Im Innern ist es flüssig und sehr heiss. Am Ort des Bebens hebt oder senkt sich der Meeresboden entlang der Bruchlinie ruckartig. Die ganze kilometertiefe Wassermasse macht die Bewegung mit. Ein unvorstellbar grosses Quantum Energie entweicht als Wasser-Grundwelle mit beinahe Schallgeschwindigkeit zur Seite. An den Küsten speist sie die Wellen-Front mit gewaltigen, rasch nachfliessenden Wassermassen, die alles Menschengemachte zerstören und in der anschliessenden Gegenbewegung in den Schlund des Meeres zurückreissen.

Im Kleinsten regiert die Quanten-Sprung-Natur ebenso unerbittlich. Wann ein Atomkern zerfällt und zerstörerische, energiereiche Quanten abschickt, kann niemand wissen. Bekannt ist aber, wann die Hälfte von Uran235 in einer radioaktiven Zerfallskette zu Blei zerfallen ist, nämlich in 704 Millionen Jahren. Das in Kernreaktoren erbrütete, giftige Plutonium 239, das die Leber zerstört, besitzt eine Halbwertzeit von 24 Tausend Jahren. Beide Isotope dienen in den Reaktoren als Kernbrennstoff – wehe wenn die gesteuerte „Verbrennung“ aus dem Ruder läuft!

Japan zeigt drastisch, dass wir allen Grund haben, uns vor den Quantensprüngen zu fürchten. Sie gehören zur urtümlichen Natur und sind weder voraussagbar noch beherrschbar. Wir können nur kunstfertig ernten, was uns davon gnädig überlassen wird. Das gilt vom Meer ebenso, wie von der Sonne, vom Wind und von der Erdwärme, die mutmasslich durch einen planetarischen Kernreaktor im Erdinnern auf ewig gespeist wird. Mit Kollektoren auf den Dächern und Sonden in den Böden, mit Wind- und Wellenenergie dürfen wir weitermachen. Mit einem grösseren Solardach oder Windrad lässt sich elektrisch Autofahren. Dazu sind Computer notwendig, zur klugen Steuerung und Optimierung der hierzu nötigen Anlagen. Im Wallis gibt es ein Musterdorf mit Häusern, die von der öffentlichen Energieversorgung völlig unabhängig sind, und zwar ohne Komforteinbusse. Ob der hierzu notwendige Quantensprung in der Politik wohl bald gelingt?

Montag, 14. Februar 2011

Kartenportal 2



Mein vor drei Monaten erstellter Blog zu den im Internet zugänglichen Landkarten der Schweiz wurde von einem Verantwortlichen von www.kartenportal.ch kommentiert. Diese wertvollen Ergänzungen verdienen eine weitere Publizität. Kartenportal.ch ist ein zentraler Einstiegspunkt für die Internetrecherche nach gedruckten und digitalen Karten der Sammlungen, Archive und Geodatenanbieter in der Schweiz. Man kann in der Datenbank z.B. über Internet-Ressourcen > Art der Webseite: Digitale Kartensammlungen suchen. So fand ich etwa im Geoportal des Kantons Aargau einen Karten-Zeitvergleich, wo auf einen Blick historische Karten von 1802 bis heute in einem Gebiet Ihrer Wahl sichtbar sind. Wenn man nicht sehr präzis nach was bestimmten sucht, erhält man im Kartenportal.ch eine Liste, durch die man browsen kann. Bei Themen, z.B. Klima und Wetter, bekommt man eine Auswahl von entsprechenden Links, durch die man browsen kann.

Das Kartenportal wurde kürzlich überarbeitet. Schauen wir nach: In der Tat sind Karten für Normalbenützer am PC frei zugänglich. Man findet unter Internet Ressourcen die GIS-Karten, die mit höchst aufschlussreichen und praktisch nutzbaren Layern die Schweiz überziehen. GIS heisst geografisches Informationssystem[1], der Kanton Solothurn ging bei dessen Erschliessung voran[2]. Mamis Haus, von dem ich im Herbst berichtet, ist im Massstab 1:200 nun auf meinem PC sichtbar. Der geplante Gartenzaun kann ich hier auf den Zentimeter genau vermessen werden, ebenso wird das Polygon der Grundstückfläche auf einen Hundertstel Quadratmeter genau ausgegeben. Man sieht in welcher Zone es liegt, wo welche Wanderwege vorbeiführen, welche Biotope (Flachmoore, Magerwiesen) in der Nähe sind. Zu guter Letzt kann man beliebige Ausschnitte auf A3 mit 250 dpi plotten. Dieses Haus steht im Glarnerland; Glarus erlaubt den öffentlichen Zugang zum kantonalen Geodatenviewer. Im Kanton Zürich sind noch viele weitere GIS-Layer frei verfügbar, sogar die amtliche Vermessung im Massstab 1:500.

Der neue Atlas der Schweiz, der vom 3D-Bergpanorama bis zum Schaltbild der Hochspannungsfreileitungen an fantastische Topografien alles bietet, kann für 30 Tage frei heruntergeladen werden[3]. Wer auf Schusters Rappen die Landschaft erkundet, ist froh, nun endlich auf der Landeskarte frei und flüssig am Bildschirm navigieren und auch ausdrucken zu können[4]. Die Landeskarte ist im Massstab 1:10'000 am Bildschirm scharf, jeder Bergpfad ist sichtbar. Wer noch weiter suchen will, dem empfehle ich zu guter Letzt noch die Kartensuchmaschine der Hochschule Rapperswil[5]. Mit einem geeigneten Handy haben Sie die Wanderschweiz im Sack.
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[1] http://gis.hsr.ch/wiki/Online-Karten
[2] http://www.so.ch/departemente/bau-und-justiz/sogis.html
[3] www.atlasderschweiz.ch
[4] http://map.geo.admin.ch, mit Bike- und Wandervorschlägen auch auf www.schweizmobil.ch
[5] http://geometa.info ist eine Spezialsuchmaschine - eine Art 'GeoGoogle' - zum Suchen von kartografisch aufbereiteten Geoinformationen, wie beispielsweise interaktive Karten, Stadtpläne und Ortsnamen aus D, A und CH.

PS: GISWIKI und Google Maps und Google Earth nicht vergessen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Wege zur Stille


Schon vor 6 Jahren habe ich Tinnitus, an dem jede(r) Fünfte leidet, in dieser Kolumne behandelt. Nun hat sich in bemerkenswerten Forschungsergebnissen erhärtet, dass uns Tinnitus im Kopf (und nicht im Ohr) plagt. Zwar kann eine Innenohrschwäche den Anfang machen. Werden Tonfrequenzen kaum mehr wahrgenommen, entsteht oft ein Tinnitus an derselben Frequenz. Die beteiligten Hirnareale können mit modernsten bildgebenden Messungen identifiziert werden. Zugelassene Tinnitusmedikamente gibt es bislang nicht. Dem komplexen Leiden im elektrischen Netzwerk des Gehirns versucht man mit magnetischen Stimulatoren habhaft zu werden. TMS, transkranielle Magnetstimulation, steckt aber noch in den Anfängen. Solide Heilung erfährt man zu Hause durch regelmässiges Hören der eigenen Lieblingsmusik. Diese ist etwas verfremdet, die Tinnitusfrequenzen müssen aus dem Tonspektrum des Stücks ausgeblendet werden. Es werden die „guten“ Frequenzen aktiviert und die „bösen“ unterdrückt, herausgefiltert. Notched music heisst das in Neudeutsch. Nach sechs Monaten regelmässigen Hörens dieser individuell angepassten Musik sind die Erfolge spürbar. Dass es lange dauert, ist von Vorteil, denn die neuroplastische Umorganisation wird so nachhaltig eintrainiert. Es stellt sich eine subjektive Tinnitusminderung ein, die auch messtechnisch nachweisbar ist. Demnach kann der Tinnitus auf demselben Weg bekämpft werden, auf dem er entstanden ist. Ermöglicht wird dies durch die Plastizität der Hirnorganisation. Bemerkenswert ist nicht nur das Verfahren an sich, sondern der Paradigmenwechsel in der universitären Medizin. Nun wird die Tatsache anerkannt, dass wiederholte akustische Reize das Hirnnetzwerk nachhaltig verändern können, mit phänomenalen Heileffekten. An dieser Einsicht hat Alfred A. Tomatis zeitlebens gearbeitet - seine Ideen wurden von der Medizin abgelehnt, da sie „wissenschaftlich nicht haltbar“ seien. Heute hat sich das Blatt gewendet. Die Heilung von Tinnitus - vor 6 Jahren ein Ding der Unmöglichkeit - ist in Reichweite.

Wie Migräne ist Tinnitus in den meisten Fällen ein (harmloses) Leiden mit einer enormen psychologischen Wechselwirkung. Wie jenes ist auch Tinnitus im Zentrum (funktionell) verankert und wird oft peripher (organisch) ausgelöst. Wie jenes stehen die Belästigungen in scheinbar paradoxer Beziehung zum Allgemeinzustand (Tinnitus kommt, wenn man sich entspannt).

Oft ist bei den Tinnitusfrequenzen auch eine Hörschwäche messbar. Um dies zu verstehen, stellen Sie sich vor, was passiert, wenn altersbedingt die Hörbarkeit der hohen Töne abnimmt. Diesem ganz gewöhnlichen Alterungsvorgang versucht das Hirn entgegenzuwirken, indem es den inneren Verstärker so umprogrammiert, dass die betroffenen Töne gleich laut wahrgenommen werden. Durch die höhere Verstärkung wird aber auch das cochleare Körpergeräusch bei diesen Tonlagen vernehmbar, ganz ähnlich, wie wenn man die hohen Lagen eines Verstärkers so weit aufdreht, bis sein Grundrauschen ertönt. Gleichzeitig wird die Dynamik verkleinert, denn der Verstärker ist bei höherer Verstärkung schneller am Anschlag, wo das Signal nicht mehr lauter werden kann, sondern verzerrt. Ein störendes Grundrauschen bei gleichzeitig geringerer Dynamik in den höheren Lagen - dies ist Alterstinnitus. Schwer verständlich ist dies eigentlich nicht.

Warum geht es in der Medizin manchmal so lang, bis man die einfachen Phänomene durchschaut? Und adäquatere Behandlungsformen findet? Die "gezielte Beschallung" mit Bandstopp-Filtern, die nun als neue Erkenntnis gepriesen wird, hat Alfred A. Tomatis vor 10 und mehr Jahren publiziert, und damit seine jahrzehntelange empirische Forschungstätigkeit zusammenfasst. Er war ein selbständig denkender Aussenseiter und hat als praktizierender Arzt geforscht. Er wurde von der Medizin verlacht, nicht ernst genommen und noch heute nicht zitiert.

Die folgenden Schemata sollen nochmals veranschaulichen, wie einfach doch alles zu verstehen ist:

Fig. 1: Das junge Gehör verstärkt im ganzen Hörbereich (bis zur schwarzen Linie) so, dass das organische Grundrauschen (blau) unter der Wahnehmungsschwelle (Linie gelb gestrichelt) liegt. Der junge Mensch hört nur, was von aussen kommt.

Fig. 2: Das breitbandige Gehör (20 - 20'000 Hz) erleidet im Alter bei hohen Frequenzen einen zunehmende Hörschwäche, organisch bedingt. Die Dynamik (Abstand der maximalen Aussteuerung zum organischen Grundrauschen) nimmt dem entsprechend ab.

Fig. 3: Selbstverständlich kompensiert das Gehör, indem es die cochlearen Bereiche afferent umso eher verstärkt, je schwächer das Ohr den Schall in Nervenimpulse umzuwandeln vermag. Das Grundrauschen wird entsprechend verstärkt in diesen gestörten Frequenzbereichen. Es liegt dort über der Hörschelle und wird als Tinnitus wahrgenommen. In diesem Fall ist es ein Cluster bestehend aus vielen hohen und höchsten Frequenzen, das sich wie eine Art Sieden anhört. Diese Hörstörung ist im Alter weit verbreitet.

Quelle: http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1056345