Das Interview über "Street View", einer Weiterentwicklung von Google Maps, wurde vor dem Google-Firmensitz Brandschenkestr. 110 in Zürich geführt. Das lässt sich mit "Street View" feststellen.
Im Januar habe ich über „Street View“ in www.google.ch/maps kurz berichtet und erwähnt, dass die fotografischen Strassenkarten aus der Sicht des Autofahrers demnächst in Deutschland aufgeschaltet werden sollen. Nun hat Google am 18. August 2009 überraschend nicht Deutschland, sondern die Ballungsräume der Schweiz aufgeschaltet. Kein Wunder, sitzen Entwickler von Google Maps doch auch in Zürich. Schon gibt es Webseiten, die das neue Instrument benützen und Sightseeing in Switzerland anbieten, damit Sie nicht lange nach Aussichtspunkten suchen müssen. Auch mir ist das Google-Auto mit dem auffälligen Kameragestell für die Datenaufnahme kürzlich begegnet. Es fährt durch alle Strassen und macht etwa alle 20 Meter laufend Rundum-Fotos. Dazu werden 9 Kameras benötigt, acht rundum und eine senkrecht nach oben. So kann in Adliswil etwa festgestellt werden, wo die Hochspannungsleitung direkt über der Birkenstrasse geführt wird. Das Bildmaterial wird fast perfekt zusammengesetzt und mit Google Maps, dem bekannten Google Kartenwerk, syntopisch verbunden.
Navigieren Sie zunächst mit Google Maps durch Ortseingabe und ziehen Sie das Windrosen-Männchen an den interessierenden Ort. Sie werden fast perfekte Strassen- und Fassadenansichten vorfinden. Die Gesichter von Passanten und die Schriften von Schildern sind fast alle verwischt. Ausnahmen geben zu reden. Vor dem Gemeindehaus Kilchberg und beim Denner Schützematt habe ich zwei voll sichtbare Autonummern gefunden (Links zu Bildern anklicken).
Wenn Sie das Interview sehen, erhalten Sie den Eindruck, Google mache uns mit Maps und Streetview ein Riesengeschenk. Umgekehrt fliegen Google die Geschenke nur so zu: Die ZVV stellen Google die Fahrplandaten zur Verfügung, Swisscom steuert die zentrale Datenbank von Directories bei, viele Architekten stellen die in SketchUp gezeichneten 3D-Gebäude kostenlos auf ihre Maps-Koodinaten. Im Google-Branchencenter werden Selbständige eingeladen, ihr Business einzutragen - es erscheint dann kostenlos bei Google-Maps, während Local.ch noch unverschämt hohe Gebühren für gewerbliche Telefoneinträge einstreicht. Auf diese Weise schreitet die Entwicklung eines beispiellosen gemeinschaftlichen Kartenwerks rasch voran, wovon alle Internetteilnehmer in noch nicht abschätzbarem Masse profitieren werden. Das Google Earth-Programm etwa wurde bereits 500 Millionen mal kostenlos heruntergeladen. Schlaraffenland!
Und nun dies: Für eine wachsende Anzahl Autobahnen wird das aktuelle Verkehrsaufkommen farbcodiert, Staus lassen sich so rechtzeitig umfahren, das System wird zur Verkehrsberuhigung beitragen. Man kann die Strassenverbindung zwischen A und B vor dem Bildschirm fotorealistisch reisend erkunden. Die Strassenansichten können leicht zu filmartigen Ortsrundfahrten umgemünzt werden, was ich zwischen den beiden unverwischten Autonummern spielerisch selbst realisiert habe. In der Presse werden viele Anwendungen bereits genannt (Schlagzeilen und Berichte dazu finden Sie in Google > News, nach „Street View“ suchen). Kreative Benutzer werden weitere Möglichkeiten finden, und Google wird es aufnehmen. Der Datenschützer kämpft auf verlorenem Posten.
Wofür kämpft er eigentlich noch, wenn unseren Kindern die Privatsphäre kein schützenswertes Gut mehr ist? Ich habe vor 10 Jahren einmal geschrieben: Das Internet wird die Welt so verändern, dass kein Stein auf dem andern bleibt. Wir sind mitten drin in diesem virtuellen Prozess, der alles was die Menschen denken und tun mitreisst, verknüpft und mutiert. Selbst Einbrecher outen sich durch Facebook und können damit überführt werden (Spiegel). – Darüber machen wir uns am 21. September 19:30 Uhr Gedanken im Workshop Computerwelten bei Spectralab. Sie sind herzlich eingeladen teilzunehmen, um Street View & Co. mit mir gemeinsam anzusehen und zu erörtern (s. Inserat).