Neben von Neumann, Zuse und Turing ist Norbert Wiener einer
der grossen Pioniere des digitalen Universums, das nach dem zweiten Weltkrieg
entstand. Norbert Wiener und John von Neumann bildeten in den USA eine Art
Doppelgestirn, sie umkreisten einander und blieben doch auf Distanz. Beide
waren an der Physik und am Computer interessierte Mathematiker; beide hatten in
den USA einen grossen Einfluss. Ihr Lebenswerk ergänzte sich. In den Sommern
1924-26 weilte Wiener in Göttingen, wo sie sich kennen und schätzen lernten.
Ein für Juden bedrohlicher Nationalismus war eine verbindende Gefahr. Was sie
trennte, war ihr grundverschiedener Charakter und ihre Art zu publizieren. Man
könnte von Neumanns Werk mit J.S. Bachs strengem und glasklarem Kompositionsstil
vergleichen. In dieser Hinsicht wäre Norbert Wiener der verspielte Mozart: „zu
viele Töne“ und dennoch von grösster Tiefe und Wirkung, jedoch mit einem
kindlich leicht erregbaren Gemüt. Wie Mozarts Vater sah auch Wieners Vater
(Sprachprofessor an der Harvard-Universität) im Sohn ein Wunderkind und
förderte es bis zum Exzess. Mit 14 Jahren trat Norbert in Harvard ein und
schloss 4 Jahre später mit einer Dissertation über mathematische Logik ab.
Selbst das Postdoc-Studium bei Russel und Hardy in England kam auf persönliche
Vermittlung des Vaters zu Stande. Norbert Wiener beherrschte 10 Sprachen,
reiste gern und viel, bis nach China. Wieners Theorie der Brownschen Bewegung
klärte den Zugang zu stochastischen Prozessen mit Auswirkungen in Biologie,
Ingenieurwesen und Quantenphysik bis heute. Hier korrigierte ein junger
Mathematiker Fehler in Einsteins Theorie, als dieser 1921 den Nobelpreis
erhielt! Wiener festigte seinen Ruf als erstrangiger Mathematiker. In jener
Zeit war er bereits Professor am MIT, eine Position, die er lebenslang
innehatte. Das MIT bildete vor allem Ingenieure aus. Norbert Wiener war mit den
Händen völlig unbegabt. Umso mehr freute er sich, die Probleme der Ingenieure
mit seinem Werkzeug, der Mathematik, zu lösen. Am MIT war er ein kantiger
mathematischer Problemlöser und visionärer Philosoph.
In diesem Blog geht es derzeit darum, die Erfinder des
digitalen Universums aufleuchten zu lassen. Ihre Eigenart, ihre Motivation,
ihre Bedeutung aus heutiger Sicht interessieren uns. Von Globalisierung konnte
damals, im Dunstkreis des 2. Weltkriegs, noch keine Rede sein. Der Computer
entstand in den drei Technik-Nationen Deutschland, England und USA unabhängig.
Nur zwischen England und den USA gab es einen gewissen Austausch, der von den
Geheimdiensten kontrolliert war. Alles war abgeschottet. Das Verhältnis
zwischen den reinen Mathematikern und den Ingenieuren war frostig. Der Krieg indessen
mischte vieles auf und verpflichtete Mathematiker und Physiker zur Wehrtechnik.
Für die einen war dies ein Opfer auf dem Altar des Vaterlands, für die andern
eine Motivationsspritze und Inspirationsquelle ohnegleichen. Zu diesen gehörte der
US-Bürger Norbert Wiener, endlich wurde er wirklich gebraucht. Mit dem jungen
brillanten Ingenieur Julian Bigelow
erfand er in Rekordzeit ein Fliegerabwehrsytem. Der Feuerleitrechner wurde als
verlängertes Organ des Schützen konzipiert, der die Bewegungen des feindlichen
Bombers ins Visier des Radars nimmt, seine Flugbewegung antizipiert, mit
räumlichem Vorhalt zielt und die Zeit treffsicher abschätzt, nach welcher das
Geschoss explodiert und den Flieger zerstört. Diese Aufgabe, die eine
menschliche Hand mit Bravour löst, wenn sie eine Fliege erwischt, erwies sich
mit der damaligen Technik als beinahe unlösbar. Von Wiener beherrscht wurde
freilich die hierfür nötige Mathematik, die er für die Brownschen Bewegung
entwickelt hatte. Und auch an praktischen Ideen fehlte es ihm nicht. Hier
musste ein verrauschtes Radarziel automatisch vermessen und in den
raumzeitlichen Formelkram rückgekoppelt werden, ein Mensch-Maschine Regelkreis
zwischen Radarantenne und Kanone. Bigelow erschuf hierzu den Prototypen, mit
dem die Richtigkeit von Wieners Ideen demonstriert werden konnte. Überliefert
ist zwar nicht, dass damit Bomber abgeschossen wurden, aber in diesem Projekt erarbeitet
Wiener eine umfassende Theorie, die zur Grundlage der Kybernetik wurde, der folgenreichen Lehre der elektronischen Kommunikations-
und Regelungstechnik, derjenige Computer also, die unsere Produktionsstätten
steuern, Fahrzeuge sicher führen, Baumaschinen wie verlängerte Arme bewegen, ja
sich selber reproduzieren, und die man in der Sensomotorik in Tier und Mensch wiederfindet.
Norbert Wiener hat, wie kein Zweiter in der Welt, mit
visionärem Sachverstand und existentiellem Herzblut die Kybernetik im Krieg entwickelt
und bis zum Lebensende vorangetrieben, mit den Möglichkeiten und dem Prestige
als lebenslanger Professor am MIT. Technik und Theorie verschmolzen in seinem
Geist. Überall und in allem entdeckte er Kybernetik. Das Kunstwort vereint die
griechischen Wörter für Steuermann und Herrschaft. Wiener war der Steuermann
auf seinem Gebiet. Kybernetik war seine Passion, die als solche auch belächelt
wurde, da er sie undiplomatisch und mit Eifer kommunizierte. Als
Universalgelehrter kannte er sich überall aus und beeinflusste die verschiedensten
Wissenschaften. Berühmt wurden die von ihm veranstalteten zehn
Macy-Konferenzen, die zwischen 1946-53 stattfanden. Hier diskutierten die US-Experten
auf den Gebieten, Mathematik, Neurophysiologie, Biophysik, Psychiatrie,
Meteorologie, Ingenieur- und Computerwissenschaften, Soziologie, Psychologie,
Sprachwissenschaft. Man entdeckte damals die fächerübergreifende Bedeutung der Regulierung
durch rückgekoppelte Information und versuchte, mit mathematischen Modellen den
gemeinsamen kybernetischen Gehalt zu ergründen. In der Tat ist zwischen dem
Fliegerabwehrsystem und der Hand, welche eine Fliege fängt, kein wesentlicher
Unterschied, die Theorie ist die gleiche. Besonders intensiv wurden die
Rückkoppelungsphänomene in Technik und Physiologie erörtert. Die fundamentale
Bedeutung zielgerichteter Regulierung wurde erkannt. Durch die Rückführung des
Ausgangssignals an den Eingang wurde die Genauigkeit von Verstärkern hundertmal
besser. Mit diesen Operations-Verstärkern konnte man rechnen, es entstanden die
Analogrechner. Das Gehirn wurde mit den damaligen Computern verglichen, die
Wiener Jahre früher andachte, wonach sie von Neumann analytisch perfektionierte
und ins Werk setzte. Von Neumann bewies beispielsweise, dass sich selbst
reproduzierende Automaten gebaut werden können, wobei Wiener unverzüglich die
Ethikfrage ansprach, die ein solches Projekt zeitigt. Die beiden ergänzten sich
und wurden vom Neurophysiologen und Biophysikern nach Kräften unterstützt.
Wohin dies führte, etwa zu neurobiologischen Modellen (heute etwa die biophysikalische
Entschlüsselung der Migräne), zu Prothesen für Taube, Blinde und Behinderte
(heute Pflegeroboter), zu tiefen Einsichten in Herzkreislaufkrankheiten
(heutige Kardiologie), sah Wiener klar voraus. Er beherrschte die
Regelungstechnik im Organismus und in der Maschine mit den Mitteln der
Mathematik, er – der sprachmächtige Philosoph - beschrieb sie aber auch mit viel
Text.
Darüber berichtet sein wichtigstes Buch "Cybernetics - Control
and communication in the animal and the machine". Das visionäre Werk
richtet sich an eine breite Leserschaft. Hier ist nicht mehr von Energie und
Materie die Rede. Die Wissenschaft, insbesondere die Biologie, wird nun in den
Kategorien Steuerung, Rückkopplung, Nachricht und Informationsgehalt behandelt,
und im Zweck, der das Ziel setzt. Das
Buch entstand 1948, als die zeitechte Rechnertechnik heraufdämmerte. Zum Beispiel beschreibt er den Unterschied
zwischen dem Newtonschen und Bergsonschen Zeitbegriff. Die Newtonsche Zeit ist
reversibel. Die Bergsonsche Zeit, das ist die Zeit der lebenden Organismen, die
gegen die Entropie arbeiten, ist nicht reversibel. In der Newtonschen Zeit kann
nichts Neues geschehen. In der irreversiblen Zeit der Evolution und Biologie gibt
es immer etwas Neues. Er vergleicht dann Gehirnvorgänge mit dem Ablauf maschineller
Prozesse, und stellt fest, dass viele Probleme des Stoffwechsels und selbst der
Geisteskrankheiten mit der Störung des Empfangs und der Bewertung von Impulsen
und Information aus der Umwelt zusammenhängen. Gesundes Leben ist
offensichtlich auf den massiven Fluss angemessener und zweckdienlicher Information
angewiesen. Es war die Zeit, als die
Nachrichtenzentrale des Vegetativums im Zwischenhirn entdeckt wurde (siehe Nobelpreis
des schweiz. Physiologen Walter Rudolf Hess).
Gutes Zusammenleben der Bevölkerung (Soziologie) ist ebenso
auf die Verbreitung ausgewogener Information angewiesen. Nach dem Krieg kehrten viele Wissenschaftler
und Ingenieure in ihre zivilen Arbeitsplätze zurück. Die Anspannung war
verflogen und machte einer diffusen Angst vor einem dritten Weltkrieg Platz. Nach
den Kapitulationen der Aggressoren wurde das Zweckbündnis der beiden
Grossmächte gegenstandslos. Sie standen sich hochgerüstet, mitten in Europa an
einer gemeinsamen Grenze gegenüber. Der Abwurf der Atombomben auf Japan 1945 durch
die USA hinterliess eine Schockwelle des gegenseitigen Misstrauens, zumal 1949
die Sowjets mit einer nuklearen Testbombe antworteten. Angesichts des Wettlaufs
zu immer gewaltigeren Wasserstoffbomben stellte sich den Wissenschaftlern die
Gewissensfrage. Die meisten versagten ihren Dienst an dieser apokalyptischen
Aufrüstung, zu diesen gehörte Norbert Wiener an vorderster Front.
Ein Handvoll Physiker und Mathematiker jedoch schwenkte ganz
auf die Staatsraison ein, insbesondere auch John von Neumann. Zwar konnte sich Johnny
dank virtuoser Beziehungspflege am Institut of Advanced Study halten und dort
seine geheimen Berechnungen für die „Superbomb“ durchführen. Aber er ging der
Wissenschaft verloren und bediente – vielleicht unbewusst – seinen ganz persönlichen
Vernichtungswahn. Lieber heute als morgen sollten die Sowjets, die seine
Familie aus Budapest vertrieben hatten, in einem atomaren Erstschlag vernichtet
werden. Fast wäre er mit dieser Auffassung durchgedrungen. Für den Rest seines
Lebens, das folgerichtig-dramatisch endete, mutierte von Neumann zum
einflussreichsten Superwaffenspezialist der Welt. -
Für Norbert Wiener war der Hauptgegner nie Russland, sondern
die „Inhuman Use of Human Beings“ (1950), die durch Ausbeutung entsteht,
Gewaltanwendung und Mangel an Feedback und ehrlicher Zweiweg-Kommunikation im
sozialen Miteinander. Folgerichtig geisselte er Staatsordnungen, die Geld und/oder
Macht an erster Stelle setzen, er nannte sie anti-homöostatisch, was die
Selbstregulierung im kapitalistischen und im sozialistischen System zerstört. Norbert
Wiener konterte von Neumann, „dass eine solche Maschinerie (spieltheoretisch
inszeniertes nukleares Wettrüsten, worauf sich die US-Strategen tatsächlich stützten)
eine punktuelle nukleare Überlegenheit erzeugt auf Kosten aller Interessen
unserer Herzen, ja selbst des nationalen Überlebens.“ Hier kam die starke
ethische Verankerung und das systemische Denken Norbert Wieners zu tragen, das
er mit Herzblut kommunizierte, freilich ohne den Rüstungswettlauf bremsen zu
können, der im Sinne des Bergsonschen Zeitbegriffs unumkehrbar war. Denn das
Wissen um die Konsequenzen – weltweite nukleare Verstrahlung und Horror – wurde
der breiten Bevölkerung vorenthalten. Stattdessen agitierte der Staat gegen die
„bösen Kommunisten“, die man mit allen Mitteln schlagen wollte, um die
„Freiheit“ durchzusetzen. Präsident Eisenhower vermittelte seinen Bürger das
Bild einer grossartigen friedlichen Atomenergie und einer militärisch
unantastbaren Supermacht. So schrammte die Welt mit über 2000 nuklearen
Versuchsexplosionen bis heute nur mit Glück an ihrer Selbstauslöschung vorbei
und pokert nach wie vor um Atomwaffen-Sperrverträgen, die von Neumann – contre
coeur – kurz vor seinem Tod noch aufgleisen musste.
Norbert Wiener konstatierte,
dass Lebensentfaltung im Individuum und in der Gesellschaft ultimativ von der
Zufuhr adäquater Information abhängt. Geheimhaltung ist schädlich, weil sie das
subtile Spiel von Checks and Balances ziviler Gesellschaften untergräbt. Was er
nicht voraussehen konnte, weil es die kühnsten Visionen übersteigt, ist die
Entstehung des Internets. Wir haben nun das Informations-Schlaraffenland, wo
jeder und jede sich mit ein paar Klicks alle Quellen studieren kann. Und nicht
nur das. Gute Player im Internet kommen uns immer mehr wie intelligente Wesen
und Ratgeber entgegen. Ein Beispiel: Ich habe nebst anderem für meinen alten
Drucker eine spezielle Tinte bestellt. Ich erwarte sie dringend, weil ich
drucken muss. Zwar hat mir die Firma die Ausführung des Auftrags bestätigt, mit
Auftragsnummer, leider ohne Erwähnung des Produkts. Ich klicke auf das blaue G
auf meinem Smartphone und schon sehe ich eine Versandanzeige, auf welchem der
Patronentyp explizit erwähnt ist. Woher weiss Google von meinem Auftrag, mehr
noch, welches Produkt sich hinter meiner Auftragsnummer versteckt? Es würde zu
weit führen, hier die „Allwissenheit“ und die „Einfühlung“ von Google an weiteren
Beispielen zu zeigen. Schon Wieners
Feuerleitgerät verwendete einen Computer, der das Feedback zum Schützen
intelligent darbot, indem er alle Einflussgrössen und Erfahrungen
berücksichtigte und dem Schützen präzis mitteilte „jetzt kannst du feuern“. Nie und nimmer wäre der Schütze ohne diesen
automatischen Support in der Lage, den Bomber zu treffen. Nie und nimmer wären
wir im heutigen Verkehrsdschungel in der Lage, ohne Smartphone die richtigen
Entscheide zu treffen, um gerade jetzt rechtzeitig von A nach B zu
gelangen, Ticketkauf inklusive.
(Jedenfalls wird das in Kürze so sein.) Nicht auszudenken, welcher
Aufwand an Feedbackschleifen in den globalen Rechnerfarmen dies ermöglicht. Den
Ewiggestrigen möchte ich sagen, nicht umsonst haben alle das kybernetische
Helferlein vor der Nase. Es scheint als hätte die Menschheit auf nichts anderes
gewartet, und fast niemand will mehr darauf verzichten. Kommunikation und Internet
liegen wie eine immaterielle, geistige Haut über dem Globus, die alles,
wirklich alles, verändern wird. So wie sich in den Werken John von Neumanns letzten
Endes die globale Selbstvernichtung abzeichnete, zeitigt das Werk Norbert
Wieners die Errungenschaften der modernen Welt, die zum Glück bis heute überlebt
hat, und die, so dürfen wir berechtigt hoffen, in den Händen unserer gut geschulten Enkelkinder in eine hoffentlich für
alle Menschen lebenswerte Zukunft reist.
Unser Protagonist war seinen Studenten ein äusserst hilfsbereiter
Professor, er griff auch selbst zur Schreibmaschine, wenn er eine gekritzelte
Arbeit publikationswürdig fand. Legendär
ist der junge Schwerverbrecher, der ihn aus dem Gefängnis um eine Studienarbeit
bat. Wiener ging bereitwillig darauf ein, versorgte den mathematisch Begabten
mit Literatur und besuchte ihn sogar. So sehr er seinen geringsten Schülern Gutes
tat, so sehr mied er die Kumpanei mit Mächtigen. Er drohte sogar mit seinem
Rücktritt, um die Annahme von Forschungsgeldern aus Militärbudgets durch seine
Universität zu verhindern. Umgekehrt drückte er dem MIT, das sich durch ihn von
einer Technikerschule zu einer Universität wandelte, seinen Stempel auf. Doch
wie hat der Begründer der Kybernetik die weitere Entwicklung in der Welt
geprägt, was wirkte nach? Wiener war in der Mitte des letzten Jahrhunderts eine
Art Katalysator beim Übergang vom Energie- in das Informationszeitalter.
Inspiriert durch seinen Kriegsjob, der Erfindung eines Feuerleitsystems,
entwickelte sich aus dem Protoypen dieses Automaten zur Zielschätzung und
Servosteuerung die Informations- und Systemtheorie. Ein Elektroniker baut
derartige Automaten mit Lötkolben und Vorstellungskraft intuitiv, ein Mathematiker
befriedigt dies nicht, und einen Philosophen erst recht nicht. Und Wiener war
beides, und damit war er der ideale Mentor des Homo Faber. Das Foto zeigt ihn mit einem elektronischen
Käfer mit Augen aus Photozellen, ein Versuchsroboter zum Studium verschiedener
Arten der Schüttellähmung in der Neurologie. Hinter ihm die Wandtafel mit den
zur Modellierung verwendeten Gleichungen. Er war ein Genie des Brückenschlags
zwischen Ingenieurwissen und Humanwissen in Biologie, Ökonomie, Linguistik, Soziologie,
Psychologie, ja selbst Theologie. Er hat Neuland betreten für viele, die auf ihren
Gebieten selbst Geschichte schrieben, etwa indem man Lichter auf solche
Automaten steckte, womit sie sich gegenseitig beeinflussten. Ein sozialer
Austausch, ein Gruppeneffekt wurde simuliert. So nahm Wiener die moderne
Robotertechnik vorweg. Seine Bücher für ein geistig reges Publikum sind
Bestseller, voll literarischer Metaphern, Bilder und Anspielungen. Dennoch
bringt er in seinem letzten Buch „Gott und Golem“ seine Herkunft ins Spiel,
wenn er warnt: Kybernetik ist nichts,
wenn sie nicht mathematisch ist. Diesen Satz kann man auf das ganze Werk
Norbert Wieners beziehen. Wer seine frühen Arbeiten über statistische Physik
und den Zusammenhang von Information mit Entropie dazu zählt, dem zeigt sich
das Bild eines liebenswürdigen Geistesriesen, dessen Einfluss auf unsere
Generation nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Literatur von und über
Norbert Wiener:
- Ex-prodigy.
My childhood and youth. New York, Simon and Schuster 1953 (Autobiographie)
- Heims,
Steve J.: John von Neumann and Norbert Wiener: From Mathematics to the
Technologies of Life and Death, 3. Aufl., Cambridge 1980.
- Cybernetics,
or control and communication in the animal and the machine, Wiley 1948, 2. Auflage,
MIT Press 1961, deutsche Übersetzung: Kybernetik. Regelung und
Nachrichtenübertragung in Lebewesen und Maschine, rororo 1968 sowie Econ Verlag
1992
- Als
Herausgeber: Cybernetics of the nervous system, Elsevier 1965
- The human
use of human beings. Cybernetics and Society. Boston, Houghton Mifflin 1950; deutsche Übersetzung: Mensch und Menschmaschine. Frankfurt am Main,
Metzner 1952, 4. Auflage 1972- "GOD AND GOLEM, Inc., A Comment on Certain Points where Cybernetics Impinges on Religion. Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts, 1963