Sonntag, 23. Dezember 2012

Lumia ad astra


Das Flaggschiff Microsoft hat wohl ein Dutzend Jahre lang die Computerwelt mit Windows und Office versorgt und damit für ein konsistentes Fundament gesorgt, auf welchem unzählige Anwendungen entwickelt werden konnten, die für die Wirtschaft, die Wissenschaft und nicht zuletzt für die Privatanwender unentbehrlich wurden. Wir haben uns daran gewöhnt.

Sogar Apple führte auf diesem Fundament mit der Übernahme der Microsoft Office Suite eine unauffällige Koexistenz. Bis der geniale CEO Steven Jobs mit dem iPhone, später dem iPad, das Steuer an sich riss und die Computerwelt mit Chaos überzog. Gleichzeitig wuchs Google mit betörenden Softwareerfindungen über die angestammte Rolle als Suchmaschine weit hinaus. Das Chaos wurde perfekt, als Google mit Android an den Grundlagen von Microsoft zu rütteln begann und Microsoft das Potential des Internets für jeden Menschen jahrelang unterschätzte.

Apple konnte als der lachende Dritte eine in sich geschlossene iLounge kultivieren, in der sich treue Gläubige und ordnungsliebende Überläufer versammeln, darunter besonders viele (nämlich über 50%) der CH-Smartphone-BenützerInnen.

Nun scheint sich das Blatt zu wenden. Android ist beim privaten Denkzeug auf Vormarsch, und mit Windows 8 wird Microsoft 2013 zu einem gleichwertigen Konkurrenten. Vieles deutet darauf hin, dass Microsoft sich auf die Rolle als Ordnungsmacht zurückbesinnt, denn für die Wirtschaft bringt das turbulente Apps-Gewitter keineswegs nur Vorteile. Können wir demnächst ein Überholmanöver des Flaggschiffs beobachten?

Windows 8 ist lanciert und millionenfach kopiert. Schon liest man von Ausverkauf der letzten Windows 7 Computer. Microsoft will selbst ein Tablet lancieren – und kann nicht liefern. Die Nokia Lumia 920 mit Windows 8 sind überall ausverkauft, wochenlang, während sich der Wert der Aktie von Nokia zweimal binnen eines Monats verdoppelt hat. Mit Microsoft und Nokia, dem Platzhirsch der Mobiltelefonie, wächst zusammen was zusammen gehört. Selbst Samsung beginnt sich auf Windows 8 zu besinnen. Die grossen Kacheln werden das Computerjahr 2013 beherrschen. Wird Microsoft die ersehnte Ordnung in das Chaos zurück bringen?

Ich habe bereits ein gelbes Nokia Lumia 920 ergattert (siehe Bild), um dabei zu sein, wenn in Redmond wieder die Tulpen blühn...

Dienstag, 4. Dezember 2012

Guetn8




Merry Christmas war kurz und bündig der Inhalt der vor genau 20 Jahren verschickten ersten SMS. Oder heisst es „das“ SMS? Ich google und finde weit mehr Treffer für „die“ SMS. Allerdings berät mich weiter unten ein Portal für Rechtschreibung, dass in der Schweiz der sächliche Genus üblich ist. Also neige ich mich beim Beschreiben der Short Message Service-Botschaften dem Neutrum zu, was im Einklang mit dem süddeutsch-sächlichen Artikel des E-Mails ist. Mit maximal 160 Zeichen ist das SMS eine zur Kürze zwingende Botschaft. Doch gerade deshalb hat die täglich Millionen SMS verschickende Jugend begeistert einen Kurz-Jargon[1] entwickelt, der von uns Älteren als Wildwuchs und grammatische Anarchie empfunden wurde. Das internationale Forschungsprojekt „sms4science“ wies allerdings keinen negativen Zusammenhang zwischen SMS-Schreibung und Schreibkompetenz nach, im Gegenteil. Während ich mich auf den munzigen Touch-Screens mit den Fingerkuppen oft vertippe, schaute ich neulich einer Schülerin zu, die im fahrenden Wagon stehend, schwindelerregend schnell mit beiden Daumen auf dem iPhone SMS um SMS schrieb. Schreibverwilderung sieht anders aus! Neid und Respekt zollte ich dieser jungen Dame, der offensichtlich das Handy in die Wiege gelegt wurde und die damit in steter Übung ihre Kommunikationsfreude perfekt auslebt. Die SMS-Forscherinnen wiesen Erstaunliches nach: Die Grammatik setzt sich auch im SMS durch. Zwar wechselt die Sprache oft im gleichen Satz, etwa so: „Je viens de rater le train ce qui veut dire, dass du chli uf mich wartä muäsch...“. Doch leben die Dialekte auf, das SMS scheint Zufluchtsort des geschriebenen Rätoromanischen zu sein. Gsimst wird so, wie man miteinander sprechen würde. Allerdings werden nach kurzen Vokalen Doppelkonsonanten geschrieben, wie chunnt, gwüsst, iklemmt. Stenografie mag tot sein, aber in den Daumenbotschaften ist Kurzschrift, oft ist mit Emoticons versüsst, wieder in. Um die Sprach- und Schreibkompetenz der Mädchen, die doppelt so oft wie die Jungen simsen, brauchen sich niemand Sorgen zu machen. Und wir Älteren könnten doch auch mal versuchen, damit den Jungen neu zu begegnen. Kommt „Guetn8 k+ly“ zurück, wissen Sie, dass ihre Enkelin Sie mag.
Glg Bruno Fricker
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[1] www.smszeichen.ch