Dienstag, 4. Juni 2013

Schwer


Wie der Föhn am Wiggis den Wasserfall bergauf treibt. (Bild Südostschweiz)

Mit Google-Latitude konnte ich feststellen, dass mein Wanderfreund sich in Rom aufhielt. Zu Hause angekommen, wollte er meine Meinung wissen über ein physikalisches Phänomen am Albaner-See in unmittelbarer Nähe von Castel Gandolfo: Dort fahren Autos im Leerlauf spontan bergauf, was man in einem Youtube-Video[1] sehen kann. Daraus ergab sich eine Recherche zum Stichwort Gravitations-Anomalie.[2] Ich antwortete, es müsse sich dabei um eine optische Täuschung handeln. Das Fragwürdige sei der Begriff bergauf. Woran man dort erkennen könne, ob es bergauf oder bergab gehe, wollte ich von ihm wissen. Derartige optische Täuschungen gäbe es sogar in Vergnügungsparks. Und eine Wasserwaage würde auch nichts nützen, da sie derselben Schwerkraft wie das Auto ausgesetzt wäre. Es müsste ein von der Schwerkraft unabhängiges Visier horizontal ausgerichtet werden, was sich mit GPS oder mit dem Nordstern machen lässt. Selbstverständlich suchte ich nach wissenschaftlichen Vermessungen derartiger Stellen, die es auch in Polen (Karpacz) und in Deutschland (Butzbach) gibt. Ich wurde fündig[3] bei der Goede-Stiftung.org, die seit 15 Jahren wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Schwerkraft fördert. Sie liess die beiden Wunderorte mit einem SR530 GPS-Vermessungsempfänger von Leica-Geosystems vermessen, womit die Strassenhöhe Meter für Meter satellitengestützt auf 2 cm genau kartiert werden kann. Resultat: Die Autos rollen dort nicht aufwärts, sondern abwärts auf einem Gefälle von etwa 2%. Auf diese Weise kann das Internet Klarheit bringen, auch dort, wo Gläubige gern von einem Wunder sprechen. 

Jedoch, da ist am italienischen Vulkansee noch etwas kurios: Die Schwerkraft pulsiert. Eine rollende Flasche bleibt angeblich plötzlich stehen, um Minuten später oder an einer andern Stelle weiterzurollen. So grosse kurzzeitige Schwankungen der Erdanziehung wären in der Tat eine Sensation. Die Recherche geht weiter! Vielleicht liegt die Lösung in Näfels: Von dort wurde kürzlich ein Foto veröffentlicht von einem Wasserfall, der die ungeheure Wiggiswand hinauf schiesst. Das war keine Fotomontage, sondern natürlich der Föhn. Der Wiggis übrigens kann als mächtige Gesteins-Halbkugel von 1 Kilometer Radius modelliert werden. Diese wiegt 5 Milliarden Tonnen. Wenn ein Auto von der Erde mit 1.5 Tonnen angezogen wird, zieht es der Wiggis, der sich als gewaltige Felswand vor ihm auftürmt, mit rund 50 Gramm an, was zur spontanen Fortbewegung bei weitem nicht reicht. Da müssten schon 1000 Wiggise ziehen. Die Überschlagsrechnung zeigt, weshalb die Geophysik sich nie ernsthaft auf die Phänomene einliess beziehungsweise von einer Sinnestäuschung ausging.[4] Die Gravitation ist eine zu schwache Wechselwirkung, um ein Auto bergauf zu stossen.[5]
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[1]
www.youtube.com/watch?v=FlVpkWRU1Jc
[2]
www.borderlands.de/gravity.anomalies.php3
[3]
www.goede-stiftung.org/abschlussbericht-ueber-natuerliche-gravitationsanomalien-in-karpacz-gorny-polen-butzbach-hessen.html
[4]
www.desy.de/pub/www/projects/Physics/General/roll-uphill.html
[5] Die Anziehung ist zu den Massen proportional, zum Abstandsquadrat umgekehrt proportional.


 

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