Dienstag, 4. Dezember 2012

Guetn8




Merry Christmas war kurz und bündig der Inhalt der vor genau 20 Jahren verschickten ersten SMS. Oder heisst es „das“ SMS? Ich google und finde weit mehr Treffer für „die“ SMS. Allerdings berät mich weiter unten ein Portal für Rechtschreibung, dass in der Schweiz der sächliche Genus üblich ist. Also neige ich mich beim Beschreiben der Short Message Service-Botschaften dem Neutrum zu, was im Einklang mit dem süddeutsch-sächlichen Artikel des E-Mails ist. Mit maximal 160 Zeichen ist das SMS eine zur Kürze zwingende Botschaft. Doch gerade deshalb hat die täglich Millionen SMS verschickende Jugend begeistert einen Kurz-Jargon[1] entwickelt, der von uns Älteren als Wildwuchs und grammatische Anarchie empfunden wurde. Das internationale Forschungsprojekt „sms4science“ wies allerdings keinen negativen Zusammenhang zwischen SMS-Schreibung und Schreibkompetenz nach, im Gegenteil. Während ich mich auf den munzigen Touch-Screens mit den Fingerkuppen oft vertippe, schaute ich neulich einer Schülerin zu, die im fahrenden Wagon stehend, schwindelerregend schnell mit beiden Daumen auf dem iPhone SMS um SMS schrieb. Schreibverwilderung sieht anders aus! Neid und Respekt zollte ich dieser jungen Dame, der offensichtlich das Handy in die Wiege gelegt wurde und die damit in steter Übung ihre Kommunikationsfreude perfekt auslebt. Die SMS-Forscherinnen wiesen Erstaunliches nach: Die Grammatik setzt sich auch im SMS durch. Zwar wechselt die Sprache oft im gleichen Satz, etwa so: „Je viens de rater le train ce qui veut dire, dass du chli uf mich wartä muäsch...“. Doch leben die Dialekte auf, das SMS scheint Zufluchtsort des geschriebenen Rätoromanischen zu sein. Gsimst wird so, wie man miteinander sprechen würde. Allerdings werden nach kurzen Vokalen Doppelkonsonanten geschrieben, wie chunnt, gwüsst, iklemmt. Stenografie mag tot sein, aber in den Daumenbotschaften ist Kurzschrift, oft ist mit Emoticons versüsst, wieder in. Um die Sprach- und Schreibkompetenz der Mädchen, die doppelt so oft wie die Jungen simsen, brauchen sich niemand Sorgen zu machen. Und wir Älteren könnten doch auch mal versuchen, damit den Jungen neu zu begegnen. Kommt „Guetn8 k+ly“ zurück, wissen Sie, dass ihre Enkelin Sie mag.
Glg Bruno Fricker
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[1] www.smszeichen.ch

1 Kommentar:

wellinger hat gesagt…

Dieser Artikel finde ich mega cool! DANKE!!! Auch will ich die Abkürzel lernen:-)