Dienstag, 27. März 2012

Popper


Obgleich er es nicht mehr selber erleben konnte, hat der Philosoph Karl Popper das Internet gedanklich antizipiert. Er unterschied bereits in den Siebzigerjahren die Welt 1 der materiellen Objekte von der Welt 2 der seelischen Zustände der Menschen und beides wiederum von der Welt 3, der Summe aller geistigen Errungenschaften. Diese umfasst Kunst, Sprachen, Wissenschaft, Technologie, Theologie, Philosophie, Theorien, Pläne, kurzum alles, was je gedacht, konstruiert und niedergeschrieben wurde. Sobald diese Beiträge der subjektiven Welt 2 ihrer Urheber entsprungen sind, besitzen sie ihre eigene objektive Existenz. Alles, was einmal gedacht wurde, ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Selbst wenn der Mensch verschwände, würden die Primzahlen noch existieren! Popper sagte, vielleicht hundertmal würde der Computer, ein typischer Gegenstand der Welt 3, unsere Leistungsfähigkeit als Denkende erhöhen, und er fügte hinzu, dass mit verbesserten Computern diesem Faktor keine obere Grenze gesetzt sei. Er ahnte wohl kaum, wie wahr er sprach, als 10 Jahre später die Vernetzung der Computer im WWW anhob, womit sich die Entwicklung der Welt 3 explosiv beschleunigte und damit Tatsachen geschaffen wurden, die niemand voraussehen konnte. Ist nicht die Vertreibung menschenverachtender Potentaten ein solcher Fakt? Oder der beschleunigte Impakt globaler Finanzkrisen? Oder die Zerbröselung erstarrter Dogmen in der Energieversorgung? Oder die Marginalisierung der Religionen? In Bezug auf ICT (information and communication technology) im Schulunterricht werden die Möglichkeiten und Auswirkungen bei uns derzeit heiss diskutiert. Ein persönlicher Tablet-PC mit Internet in der Hand jedes/r Lernenden ist in der Zurich International School bereits Realität. Last-not-least bestätigt der kuriose Wahlsieg der Piratenpartei im Saarland Karl Poppers Weitsicht. Es wird, wie ich es 1997 in einer meiner ersten Kilchberger Kolumnen schrieb, kein Stein auf dem andern bleiben.

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