Mittwoch, 14. Oktober 2009

Maps - Earth


Ortsrundflug in Kilchberg

Street View – Maps – Earth, von der Froschperspektive zur Weltraumansicht, so reift an mehreren Fronten das beispiellose Kartenwerk von Google heran. Wir haben einen Workshop für Street View durchgeführt und sind an jenem Abend auf dem Berninamassiv, am Biancograt und am Rifugio Marco e Rosa angekommen. Da staunten wir nicht schlecht: Als wir uns in annäherten wie in einem Helikopter, der zur Landung ansetzt, da sprangen uns Spuren entgegen. Da haben offenbar versierte Eiskletterer die Tourendaten aus ihrem GPS-Logger hochgeladen. Folglich sieht man nicht nur die Routen auf den Strassenkarten, sondern auch Kletterrouten und ortsrichtige Fotos der Hochtouren in diesem erhabenen dreidimensionalen Gelände.

Digitalfotos können aus jedem Picasa Webalbum auf der Karte verankert und in der dafür vorgesehenen Kartenschicht veröffentlicht werden. Wer keine Fotos sehen will, schaltet diese Schichten (engl. Layers) einfach ab. Maps ist einem Sandwich vergleichbar, das man sich beliebig aufbauen lassen kann.

Das Internet greift immer weiter und genauer in die Geschichte ein. Mit einem Schieberegler können Sie im neueste Earth in die Vergangenheit zoomen und vergleichen, wie sich Küstenlinien, Katastrophenorte und Siedlungsräume verändert haben. Sie navigieren Ihren Blickwinkel wie ein Astronaut oder ein Helikopterpilot, je nachdem, wie hoch Sie fliegen, und Sie können sich einen Film Ihres Fluges herstellen lassen (siehe oben). Diesen wiederum veröffentlichen Sie, akustisch untermalt und kommentiert, im Picasa Webalbum und schreiben einen passende Zusammenfassung dazu.

Maps bezieht die Fotos aus Satellitenaufnahmen, aber auch aus Messflugzeugen. Die Bildquellen richten sich nach der gewählten Höhe. Wolken, die Ihnen in grosser Höhe die Sicht verhüllen, verschwinden, wenn Sie unter den Wolkenplafond sinken. In den zuschaltbare Layer von Maps und Earth werden Sachverhalte in geografischen Kategorien getrennt symbolisiert. Erkunden Sie damit das Ausmass der Katastrophe in Darfur! In grosser Höhe sehen sie nur wenig, wenn sie absinken, verdichten und spezifizieren sich die Points-of-Interest, der gegenwärtige abgeflammte Weltuntergang der dort ansässigen Menschen und Tiere, 400'000 Tote und 2.5 Millionen Vertriebene.

Auch das Verkehrsaufkommen und die Routen, Grenzen, Apotheken, Pizzerien, Ortsgeschichten, Hotels, Karten von Interessengruppen und Panoramen lassen sich einblenden. Setzen Sie Ortsmarken, so können jederzeit zu Ihren Lieblingsplätze zurückkehren. Ein rasch zunehmende Zahl von Gebäuden erscheint dreidimensional, was mich an die Ausschnittsbogen unserer Jugend erinnert. Die Fassaden sind mit den Aufnahme aus Street View (siehe Kolumne „Strassenansichten“) realistisch gestaltet. Sonne und Schatten werden auf einem Zeitschieberegler gesteuert, sie sehen die Beleuchtung in den Häuserschluchten, in den Tälern und, von weiter oben.

Eindrücklich, wie sich die Dämmerung über den Erdball bewegt. Um 19:12 ist die Schweiz noch hell, um 20:35 schon ganz dunkel (2. Oktober). Am 11. November setzt die Dämmerung um 18:27 ein; um 19:32 Uhr ist es ganz dunkel. Man kann es in jeder Zeitzone haben und überzeugt sich leicht, dass es im Sommer in ganz Schweden nie völlig dunkel wird. Im Winter indessen ist nur von 10 bis 16 Uhr Tag. Spitzbergen liegt sommers selbst mittags im Zwielicht. Schon um 15 Uhr fällt im verschneiten Elm die Dämmerung durch Beschattung ein, Elm wird aber vom Fanenstock noch indirekt bis 18 Uhr beleuchtet. Selbst dieses indirekte Streulicht wird in den Talkessel projiziert.

Earth erkundet auch den Mond, den Mars und das Weltall und bietet alle 15 Minuten Echtzeit-Astronomie basierend auf Daten aus dem VOEventNet, der Clearingstelle eines mächtigen Datenstroms aus allen Observatorien. Diese vernetzte Datenkonzentration ist eine der jüngsten Errungenschaften der Astro-Physik. Die Stille des Sternenhimmels trügt, dort draussen ist ein gewaltiges Werden und Vergehen. Google zeigt es Ihnen genauso wie den hochspezialisierten Astronomen. Der Mond ist selbst auf der Rückseite in HDTV-Bildqualität sichtbar und von den Tags der Landungen und orbitalen Erkundungen übersät. Diese Merkpunkte sind mit Wikipedia-Artikeln und zahlreichen Quellenverzeichnissen verknüpft.

Doch warum in die Ferne schweifen, wenn auf dieser Welt das Unbekannte lockt, in den Ozeanen etwa. Im Pazifik gibt es eine Fülle von Informationen, die optional geladen werden, die Karte über Plattentektonik und vulkanische Aktivität (Quelle National Geographic) oder der Marine Life Layer einer auf Meeresforschung spezialisierten Universität oder NOAA’s Datenbojen, die Wellenhöhen und Tsunami-Daten laufend übermitteln. Wie Maps kann auch Google Earth komplizierte Reise-Routen berechnen, die kritischen Abzweigungen werden automatisch gelistet. Sie lassen sich in die Etappen eines „Helikopterfluges“ umnutzen. Die Fahrt kann von Punkt zu Punkt gleitend abgespielt werden. So entsteht in Ihrem Kopf ein realistisches Bild der Landschaft, so als ob Sie dort gewesen wären.

Wir erkunden das am nächsten Computerwelten-Workshop aus, der am Dienstag, 27. Oktober bei Spectralab, Brunnenmoosstr. 7, 8802 Kilchberg stattfindet (Eintritt Fr. 50.-, Beginn 19.30 Uhr, um Voranmeldung wird gebeten). Google Maps und Earth ist ein grossartiges Beispiel technologischer Emergenz, ein neues Sinnesorgan für das Begreifen unserer Welt. Es wächst auf Ihrem Schreibtisch spontan heran, hoffentlich nicht unbemerkt!


Größere Kartenansicht

1 Kommentar:

Parsifal362 hat gesagt…

Bin gerade dabei, eine Helikopterpilot-Ausbildung bei centralheli zu absolvieren, da hätte ich fast Lust, den geschilderten, doch via Google Earth simultierten Flug in real Life nachzufühlen :-)