Freitag, 12. Oktober 2018

Künstliche Intelligenz II


Bild: Pixabay JanneG

Hier gebe ich ein klingendes Beispiel, wie KI (sprich „kaa-ii“) schon vor 20 oder 30 Jahren Arbeitsplätze eliminiert hat. Wir hatten damals ein intelligentes Schallmessgerät mit einem Künstlichen Neuronalen Netz (KNN) im Angebot. Das war ein Computer, wie andere auch, aber er rechnete nach einem Algorithmus (Rechenrezept), der den Nervenzellen im Hirn abgeschaut ist. Der Fluss der Information sickert dabei durch Schichten, wie bei einem Sandwich. Das Messgerät besteht nicht nur aus Mikrofon und Zeigerinstrument für die Schallstärke. Dazwischen errechnet das KNN aus dem Schall eine bestimmte Qualität heraus, nämlich den Wohlklang eines Ziegels. Wenn du mit dem Hämmerchen einen frisch gebackenen Ziegel anschlägst, hat dieser einen bestimmten Ton, der ist Musik in den Ohren des Ziegeleidirektors. Er will nur wohlklingende Ziegel verkaufen. Der Klang ist ein Qualitätsmerkmal. (Vgl. Siegfried Lenz: Die Klangprobe. „…horch auf den Ton, und du wirst wissen, wie es innen aussieht, der Ton machte den Stein durchsichtig...“). Er bestimmte zwei Arbeiter, die abwechselnd am Frischziegel-Laufband sassen, schlugen und horchten. Die Arbeiter mussten lernen: Sobald ein Ziegel nicht wohl klingt, sondern klirrt, landet er im Abfall, denn er hatte unsichtbare „Lehmnester, Sandnester oder Preller“ (Lenz). Auch ein KNN kann das, vermöge seines Aufbaus in lernende Schichten. Wie die Arbeiter ihr Gehör schulen, kann auch das KNN trainiert werden, auf dass es ohne Unterlass und Ermüdung die schlechten Ziegel entsorgt. Ein solches künstliches „Nerven“-Netz verschiebt, wie das plastische Gehirn, zahlreiche Schwellenwerte (kleinste Entscheidungsschritte) selbsttätig, um immer treffender semantisch entscheiden zu können. Wie es das macht, weiss sein Programmierer nur im grossen Ganzen. Wie es im Detail rechnet, das interessiert niemanden. Der Direktor ist hoch erfreut: Mit einer einzigen Auslage von 30‘000 Franken für ein KNN, das nie krank ist und ständig dazu lernt, kann er zwei Mann einsparen. - Die Arbeiter indessen fühlen sich wie schlechte Ziegel: geprellt.
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Siegfried Lenz: Die Klangprobe. Hoffmann und Campe, 1999, 463 S.
Theodor H. Erismann: Grundprobleme der Kybernetik. Springer, 1972, 203 S.
Patrick Hamilton: Künstliche neuronale Netze. vde verlag, 1993, 231 S.
Heinrich Braun: Neuronale Netze. Optimierung durch Lernen und Evolution. Springer, 1997, 279 S.
Andreas Scherer: Neuronale Netze. Grundlagen und Anwendungen. Vieweg, 1997, 249 S.


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