Dienstag, 13. Dezember 2016

Mark Zuckerberg

Mark Zuckerberg   (Bild: Wikimedia Commons)


Vor 3 Jahre schrieb ich an dieser Stelle über das Web 2.0 und das angebrochene Jahrzehnt der sozialen Beziehungsnetze. Facebook stagnierte damals in der Schweiz bei rund 3 Millionen aktiver Nutzer. Doch heute sind es 3.76 Millionen, wobei vor allem die älteren Jahrgänge stark zulegten. Der Gründer und Ceo Mark Zuckerberg meldete kürzlich auf seiner Facebook-Chronik 1.7 Milliarden (!) Facebook-Nutzer. Dies kann man zur Weltbevölkerung von 8 Milliarden und einer Internet-Penetration von 46% in Beziehung setzen: Etwa jeder/jede Zweite im Internet benützt nunmehr Facebook. Während der Zuwachs in der Schweiz abflacht, legt die Welt noch rassig zu. Facebook kann unbeschränkt Mittel einsetzen, um die ganze Welt mit Facebook beziehungsweise mit Internet zu versorgen, und nichts weniger ist Zuckerbergs wichtigstes Ziel. Zwar verlor Facebook kürzlich einen Satelliten, der über Afrika eingesetzt werden sollte, weil die SpaceX-Trägerrakete Falcon 9 bei der Sauerstoff-Betankung vor dem Start explodierte. Wie gut, dass Mark, der zu diesem Zeitpunkt in Afrika weilte, über den Bau seines Facebook-Solarflugzeugs “Aquila” berichten konnte, das tagelang über einer Stelle schweben soll, nicht allzu hoch, damit die dortigen Handys problemlos mit Internet versorgt werden. Dies ist der Anfang einer Hardware-Initiative: Facebook als erfolgreiche Softwarefirma will auch eine Fabrik werden. Ob letzteres dem Harvard-Abbrecher mit nur knapp 2 Jahren Informatik und Psychologie ebenso gelingt, wie die Menschen möglichst attraktiv zu vernetzen, bleibt abzuwarten.

Mit Facebook entstanden viele soziale Webdienste. Einige sind bis heute geblieben, LinkedIn etwa, für Karrierebewusste, oder Orkut in Brasilien und Indien, und natürlich Google+ mit seinen verwirrenden Nebenfunktionen, das aber zu spät in Erscheinung trat und nun den Rückstand in den Benutzerzahlen kaum noch wettmachen kann. Sicher ist, dass Mark Zuckerberg mit seinen minimalistischen, fokussierten Prinzipien das mit Abstand bedeutendste soziale Netz geschaffen hat. Dabei ging es ihm nie um den Ersatz von Beziehungen in Fleisch und Blut, sondern um die Unterstützung und Bereicherung derselben. Facebook und nicht etwa Instagram ist heute das bedeutendste Fotoportal. Kalendarisch werden mir alte Erinnerungen gezeigt, und ich bin überrascht, meistens wirklich anrührende Bilder wieder zu sehen, Ereignisse, die ich gern mit bestimmten Freunden oder der Familie wieder teile. Wie trifft Facebook eine so kluge Auswahl? – Auch hier ist künstliche Intelligenz im Anmarsch, die ich bis heute als sympathisch und zuvorkommend empfinde.

12 Jahre gibt es Facebook nun, und Mark hat sich immer als genialer Mitbegründer, Vorsitzender und CEO erwiesen. Auch in kritischen Phasen traf “Zuck” immer die erfolgreichste Entscheidung. Z.B. als Yahoo mit einem Kaufangebot von über einer Milliarde den damals 22-Jährigen weich machen wollte. Der Baby-Milliardär hatte die Führungsriege gegen sich, als er den Geldsegen mit dem Argument ablehnte, am Geld liege ihm nichts, am Wachstum seiner sozialen Weltverbesserungs-Idee indessen alles. Der Visionär sah den Durchbruch kommen, und diesen wollte er selber gestalten. Er erwies sich als ein ganz grosser Unternehmer, der aus dem Nichts mit einem einzigen Programm seine beispiellos profitable Firma zügig ausbaute. Dabei blieb der milchgesichtige, kleinwüchsige aber mit einer sonoren Stimme ausgestattete Unternehmer stets menschlich-freundlich, nicht arrogant wie Steve Jobs, nicht chronisch überfordert und tyrannisch wie Elon Musk, nicht derart unsozial wie Jeff Bezos, nein Mark ist ein sonniger Mensch, der sich als guter Ehegatte und Familienvater liebevoll, achtsam und skandalfrei zu leben versteht. Als ein von Idealen Getriebener arbeitet er laut seinem Facebook-Profil in der Chan Zuckerberg Initiative, die mit dem Hauptteil seines Vermögens wohltätige Zwecke verfolgt. Priscilla Chan, so der Name seiner Frau, studierte Kinderärztin, scheint dafür die ideale Managerin zu sein. 2011 wurde er Vegetarier aus Dankbarkeit über sein Glück. Vorher ass er gern jeden Tag Fleisch, plötzlich entschloss er sich, aus Respekt und Achtsamkeit keine Tiere mehr zu essen. Mit einem Umsatz von 20 Milliarden und einem Gewinn von 4 Milliarden pro Jahr steht sein Facebook äusserst solid da. Mark Zuckerberg erwarb mit seinen 31 Jahren 44,6 Milliarden Dollar Vermögen und belegt Rang 6 der Reichsten dieser Welt auf, dank seinem einzigartigen, klug gesteuerten Geschäftsmodells, dank der Hebelwirkung des Internets und – dank Ihren persönlichen Daten (!), die Sie Facebook bereitwillig Tag für Tag anvertrauen. 42 Minuten Lebenszeit verbringt jeder Nutzer täglich bei Facebook – fast 5 Stunden pro Woche, nur Google schafft noch mehr. Facebook bringt es fertig, echte Persönlichkeitsprofile überprüfbar zu vernetzen und es stellt ein immer perfekteres Instrumentarium zur Verfügung, um die Privatheit zu skalieren und auf sich überlappende Freundeskreise abzustimmen. Und was tun die meisten im Facebook? Sie schauen sich die Profile und Bilder der anderen an, die oft nur deren Freunden zugänglich sind, ergo sendet man einen Freundschaftsantrag, der nicht selten bestätigt wird. Ein Wachstumsfaktor ohnegleichen!

Facebook legt grossen Wert auf gute Bilder. In der bezahlten Werbung werde Bilder, die mit Text angereichert sind, zurück gewiesen. Facebook schuf in seiner Fabrik kürzlich die Rundum-Brille Oculus. Sie wird angetrieben von sphärischen Videoaufnahmen und von Raumkoordinaten. Man orientiert sich in diesem Vollraum einfach, indem man - wie im realen Leben - in die interessante Richtung blickt. Das funktioniert sogar auf dem Handy, das ja mit Bewegungs- und Richtungssensoren ausgestattet ist. Man wird garantiert bald Menschen sehen, die mit dieser “Taucherbrille” herumlaufen, die sich in alle Richtungen wenden und drehen, weil sie virtuelle Attraktionen sehen, die dir verborgen sind. Besonders komisch wird es dann, wenn man zu zweit damit schwerelos Ping Pong spielt. Moment mal, was kann man denn damit noch anfangen, wenn die Kameras dazu auch in meiner Brille eingebaut sind? Sie können dann um ihre Freunde herumlaufen oder ihre Spinnenangst loswerden oder virtuelle Knetmasse modellieren und danach im 3D-Drucker ausgeben. Teleportation wird alltäglich.

Mit einem Umsatz von 20 Milliarden und einem Gewinn von 6 Milliarden pro Jahr steht heute sein Facebook äusserst solide da. Der 31-Jährige erwarb damit 44,6 Milliarden Dollar Vermögen und belegt Rang 6 der Reichsten dieser Welt, dank seiner einzigartigen, von Sheryl Sandberg gesteuerten Werbeplattform, dank der Hebelwirkung des Internets, und - auch dank deinen persönlichen Daten, die du Facebook bereitwillig Tag für Tag anvertraust(!) Facebook bringt es fertig, echte Persönlichkeitsprofile überprüfbar zu vernetzen, und es stellt ein immer perfekteres Instrumentarium zur Verfügung, um die Privatheit zu skalieren und auf abgestufte Freundeskreise zu trimmen. Zucks Social Graph ist mit Abstand der grösste überhaupt.

Kürzlich ermittelt die deutsche Justiz gegen Mark Zuckerberg und seine Führungsriege. Der Kläger wirft ihm vor, Mordaufrufe, Gewaltandrohungen, Holocaustleugnung und andere Delikte zu dulden und sich damit der Beihilfe zur Volksverhetzung schuldig zu machen. Der Kläger führte zahlreiche Beispiele von Facebook-Posts entsprechenden Inhalts an, die Facebook eben nicht umgehend entfernte. Umgekehrt beklagen Aktivistinnen die Entfernung von Bildern der entblössten weiblichen Brust aus Gruppen, die sich für das Stillen stark machten. Im Zusammenhang mit der US-Wahl wurde ihm vorgeworfen, durch gefälschte Nachrichten das Wahlresultat beeinflusst zu haben. Sind Facebooks Algorithmen auf einem Auge blind? Lassen wir den Gutmensch Zuckerberg dazu selber zu Wort kommen: Auf www.facebook.com/zuck äusserte er sich dazu am 12. November mit einem ungewöhnlich ausführlichen Text (hier übersetzt, gekürzt und interpretiert): “Unser Ziel ist es, jeder Person eine Stimme zu geben. Wir glauben zutiefst an die Menschen. Wir möchten die Welt offener und vernetzter machen. Wir glauben, dass Menschen verstehen, was in ihrem Leben wichtig ist. Und dass Sie dies ausdrücken können, ist gut für die Gemeinschaft und die Demokratie. Allerdings sagen sie manchmal Dinge oder unterstützen Leute, die anderen missfallen. Wir wissen, dass 99% aller Nachrichten auf Facebook authentisch sind. Eigentliche politische Falschmeldungen sind noch seltener und können deshalb das Wahlresultat nicht verfälscht haben. Wir haben im Gegenteil Millionen ermöglicht, sich überhaupt eine Meinung zu bilden. Sie wären ohne Facebook gar nicht zur Urne gegangen. Dennoch bin ich mir der Verantwortung sehr bewusst, und wir arbeiten an neuen Algorithmen, den Newsfeed von Falschmeldungen, Betrug und illegalen Inhalten frei zu halten. Die Ermittlung der “Wahrheit” ist allerdings kompliziert und wir müssen sehr vorsichtig zu Werke gehen. Es ist nicht immer so, dass Tatsachen, die von vielen gelikt werden, richtig sind. Manchmal ist einen Mainstream-Idee zwar richtig, aber es werden wichtige Details verfälscht oder weggelassen. Wir müssen uns immer hinterfragen, ob wir selber in der Wahrheit sind, damit wir keine unbeabsichtigte Nebenwirkungen oder Verzerrungen in das System bringen. Es ist wichtig, die Menschen, die auf der anderen Seite stehen, zu verstehen. Nach meiner Erfahrung sind die meisten Menschen gut. Auch wenn es manchmal nicht so aussieht, wird dieser Standpunkt langfristig zu den besten Verhältnissen führen.” - Betrieb Gutenberg, als er die Bücher verbreitet, Volksverhetzung, nur weil einige Autoren zum Bösen verführen?

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Quelle u.a.: David Kirkpatrick: Der Facebook-Effekt. Hinter den Kulissen des Internet-Giganten. Übersetzt von Karsten Petersen, Verlag Hanser, 2011, 402 Seiten, ISBN 9783446425224