Dienstag, 13. Dezember 2016

Mark Zuckerberg

Mark Zuckerberg   (Bild: Wikimedia Commons)


Vor 3 Jahre schrieb ich an dieser Stelle über das Web 2.0 und das angebrochene Jahrzehnt der sozialen Beziehungsnetze. Facebook stagnierte damals in der Schweiz bei rund 3 Millionen aktiver Nutzer. Doch heute sind es 3.76 Millionen, wobei vor allem die älteren Jahrgänge stark zulegten. Der Gründer und Ceo Mark Zuckerberg meldete kürzlich auf seiner Facebook-Chronik 1.7 Milliarden (!) Facebook-Nutzer. Dies kann man zur Weltbevölkerung von 8 Milliarden und einer Internet-Penetration von 46% in Beziehung setzen: Etwa jeder/jede Zweite im Internet benützt nunmehr Facebook. Während der Zuwachs in der Schweiz abflacht, legt die Welt noch rassig zu. Facebook kann unbeschränkt Mittel einsetzen, um die ganze Welt mit Facebook beziehungsweise mit Internet zu versorgen, und nichts weniger ist Zuckerbergs wichtigstes Ziel. Zwar verlor Facebook kürzlich einen Satelliten, der über Afrika eingesetzt werden sollte, weil die SpaceX-Trägerrakete Falcon 9 bei der Sauerstoff-Betankung vor dem Start explodierte. Wie gut, dass Mark, der zu diesem Zeitpunkt in Afrika weilte, über den Bau seines Facebook-Solarflugzeugs “Aquila” berichten konnte, das tagelang über einer Stelle schweben soll, nicht allzu hoch, damit die dortigen Handys problemlos mit Internet versorgt werden. Dies ist der Anfang einer Hardware-Initiative: Facebook als erfolgreiche Softwarefirma will auch eine Fabrik werden. Ob letzteres dem Harvard-Abbrecher mit nur knapp 2 Jahren Informatik und Psychologie ebenso gelingt, wie die Menschen möglichst attraktiv zu vernetzen, bleibt abzuwarten.

Mit Facebook entstanden viele soziale Webdienste. Einige sind bis heute geblieben, LinkedIn etwa, für Karrierebewusste, oder Orkut in Brasilien und Indien, und natürlich Google+ mit seinen verwirrenden Nebenfunktionen, das aber zu spät in Erscheinung trat und nun den Rückstand in den Benutzerzahlen kaum noch wettmachen kann. Sicher ist, dass Mark Zuckerberg mit seinen minimalistischen, fokussierten Prinzipien das mit Abstand bedeutendste soziale Netz geschaffen hat. Dabei ging es ihm nie um den Ersatz von Beziehungen in Fleisch und Blut, sondern um die Unterstützung und Bereicherung derselben. Facebook und nicht etwa Instagram ist heute das bedeutendste Fotoportal. Kalendarisch werden mir alte Erinnerungen gezeigt, und ich bin überrascht, meistens wirklich anrührende Bilder wieder zu sehen, Ereignisse, die ich gern mit bestimmten Freunden oder der Familie wieder teile. Wie trifft Facebook eine so kluge Auswahl? – Auch hier ist künstliche Intelligenz im Anmarsch, die ich bis heute als sympathisch und zuvorkommend empfinde.

12 Jahre gibt es Facebook nun, und Mark hat sich immer als genialer Mitbegründer, Vorsitzender und CEO erwiesen. Auch in kritischen Phasen traf “Zuck” immer die erfolgreichste Entscheidung. Z.B. als Yahoo mit einem Kaufangebot von über einer Milliarde den damals 22-Jährigen weich machen wollte. Der Baby-Milliardär hatte die Führungsriege gegen sich, als er den Geldsegen mit dem Argument ablehnte, am Geld liege ihm nichts, am Wachstum seiner sozialen Weltverbesserungs-Idee indessen alles. Der Visionär sah den Durchbruch kommen, und diesen wollte er selber gestalten. Er erwies sich als ein ganz grosser Unternehmer, der aus dem Nichts mit einem einzigen Programm seine beispiellos profitable Firma zügig ausbaute. Dabei blieb der milchgesichtige, kleinwüchsige aber mit einer sonoren Stimme ausgestattete Unternehmer stets menschlich-freundlich, nicht arrogant wie Steve Jobs, nicht chronisch überfordert und tyrannisch wie Elon Musk, nicht derart unsozial wie Jeff Bezos, nein Mark ist ein sonniger Mensch, der sich als guter Ehegatte und Familienvater liebevoll, achtsam und skandalfrei zu leben versteht. Als ein von Idealen Getriebener arbeitet er laut seinem Facebook-Profil in der Chan Zuckerberg Initiative, die mit dem Hauptteil seines Vermögens wohltätige Zwecke verfolgt. Priscilla Chan, so der Name seiner Frau, studierte Kinderärztin, scheint dafür die ideale Managerin zu sein. 2011 wurde er Vegetarier aus Dankbarkeit über sein Glück. Vorher ass er gern jeden Tag Fleisch, plötzlich entschloss er sich, aus Respekt und Achtsamkeit keine Tiere mehr zu essen. Mit einem Umsatz von 20 Milliarden und einem Gewinn von 4 Milliarden pro Jahr steht sein Facebook äusserst solid da. Mark Zuckerberg erwarb mit seinen 31 Jahren 44,6 Milliarden Dollar Vermögen und belegt Rang 6 der Reichsten dieser Welt auf, dank seinem einzigartigen, klug gesteuerten Geschäftsmodells, dank der Hebelwirkung des Internets und – dank Ihren persönlichen Daten (!), die Sie Facebook bereitwillig Tag für Tag anvertrauen. 42 Minuten Lebenszeit verbringt jeder Nutzer täglich bei Facebook – fast 5 Stunden pro Woche, nur Google schafft noch mehr. Facebook bringt es fertig, echte Persönlichkeitsprofile überprüfbar zu vernetzen und es stellt ein immer perfekteres Instrumentarium zur Verfügung, um die Privatheit zu skalieren und auf sich überlappende Freundeskreise abzustimmen. Und was tun die meisten im Facebook? Sie schauen sich die Profile und Bilder der anderen an, die oft nur deren Freunden zugänglich sind, ergo sendet man einen Freundschaftsantrag, der nicht selten bestätigt wird. Ein Wachstumsfaktor ohnegleichen!

Facebook legt grossen Wert auf gute Bilder. In der bezahlten Werbung werde Bilder, die mit Text angereichert sind, zurück gewiesen. Facebook schuf in seiner Fabrik kürzlich die Rundum-Brille Oculus. Sie wird angetrieben von sphärischen Videoaufnahmen und von Raumkoordinaten. Man orientiert sich in diesem Vollraum einfach, indem man - wie im realen Leben - in die interessante Richtung blickt. Das funktioniert sogar auf dem Handy, das ja mit Bewegungs- und Richtungssensoren ausgestattet ist. Man wird garantiert bald Menschen sehen, die mit dieser “Taucherbrille” herumlaufen, die sich in alle Richtungen wenden und drehen, weil sie virtuelle Attraktionen sehen, die dir verborgen sind. Besonders komisch wird es dann, wenn man zu zweit damit schwerelos Ping Pong spielt. Moment mal, was kann man denn damit noch anfangen, wenn die Kameras dazu auch in meiner Brille eingebaut sind? Sie können dann um ihre Freunde herumlaufen oder ihre Spinnenangst loswerden oder virtuelle Knetmasse modellieren und danach im 3D-Drucker ausgeben. Teleportation wird alltäglich.

Mit einem Umsatz von 20 Milliarden und einem Gewinn von 6 Milliarden pro Jahr steht heute sein Facebook äusserst solide da. Der 31-Jährige erwarb damit 44,6 Milliarden Dollar Vermögen und belegt Rang 6 der Reichsten dieser Welt, dank seiner einzigartigen, von Sheryl Sandberg gesteuerten Werbeplattform, dank der Hebelwirkung des Internets, und - auch dank deinen persönlichen Daten, die du Facebook bereitwillig Tag für Tag anvertraust(!) Facebook bringt es fertig, echte Persönlichkeitsprofile überprüfbar zu vernetzen, und es stellt ein immer perfekteres Instrumentarium zur Verfügung, um die Privatheit zu skalieren und auf abgestufte Freundeskreise zu trimmen. Zucks Social Graph ist mit Abstand der grösste überhaupt.

Kürzlich ermittelt die deutsche Justiz gegen Mark Zuckerberg und seine Führungsriege. Der Kläger wirft ihm vor, Mordaufrufe, Gewaltandrohungen, Holocaustleugnung und andere Delikte zu dulden und sich damit der Beihilfe zur Volksverhetzung schuldig zu machen. Der Kläger führte zahlreiche Beispiele von Facebook-Posts entsprechenden Inhalts an, die Facebook eben nicht umgehend entfernte. Umgekehrt beklagen Aktivistinnen die Entfernung von Bildern der entblössten weiblichen Brust aus Gruppen, die sich für das Stillen stark machten. Im Zusammenhang mit der US-Wahl wurde ihm vorgeworfen, durch gefälschte Nachrichten das Wahlresultat beeinflusst zu haben. Sind Facebooks Algorithmen auf einem Auge blind? Lassen wir den Gutmensch Zuckerberg dazu selber zu Wort kommen: Auf www.facebook.com/zuck äusserte er sich dazu am 12. November mit einem ungewöhnlich ausführlichen Text (hier übersetzt, gekürzt und interpretiert): “Unser Ziel ist es, jeder Person eine Stimme zu geben. Wir glauben zutiefst an die Menschen. Wir möchten die Welt offener und vernetzter machen. Wir glauben, dass Menschen verstehen, was in ihrem Leben wichtig ist. Und dass Sie dies ausdrücken können, ist gut für die Gemeinschaft und die Demokratie. Allerdings sagen sie manchmal Dinge oder unterstützen Leute, die anderen missfallen. Wir wissen, dass 99% aller Nachrichten auf Facebook authentisch sind. Eigentliche politische Falschmeldungen sind noch seltener und können deshalb das Wahlresultat nicht verfälscht haben. Wir haben im Gegenteil Millionen ermöglicht, sich überhaupt eine Meinung zu bilden. Sie wären ohne Facebook gar nicht zur Urne gegangen. Dennoch bin ich mir der Verantwortung sehr bewusst, und wir arbeiten an neuen Algorithmen, den Newsfeed von Falschmeldungen, Betrug und illegalen Inhalten frei zu halten. Die Ermittlung der “Wahrheit” ist allerdings kompliziert und wir müssen sehr vorsichtig zu Werke gehen. Es ist nicht immer so, dass Tatsachen, die von vielen gelikt werden, richtig sind. Manchmal ist einen Mainstream-Idee zwar richtig, aber es werden wichtige Details verfälscht oder weggelassen. Wir müssen uns immer hinterfragen, ob wir selber in der Wahrheit sind, damit wir keine unbeabsichtigte Nebenwirkungen oder Verzerrungen in das System bringen. Es ist wichtig, die Menschen, die auf der anderen Seite stehen, zu verstehen. Nach meiner Erfahrung sind die meisten Menschen gut. Auch wenn es manchmal nicht so aussieht, wird dieser Standpunkt langfristig zu den besten Verhältnissen führen.” - Betrieb Gutenberg, als er die Bücher verbreitet, Volksverhetzung, nur weil einige Autoren zum Bösen verführen?

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Quelle u.a.: David Kirkpatrick: Der Facebook-Effekt. Hinter den Kulissen des Internet-Giganten. Übersetzt von Karsten Petersen, Verlag Hanser, 2011, 402 Seiten, ISBN 9783446425224

Donnerstag, 18. August 2016

Jeff Bezos

Bild von Jeff_Bezos'_iconic_laugh.jpg: Steve Jurvets on derivative work: King of Hearts - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet. Jeff Bezos' iconic laugh.jpg:, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27644294

Als Jeffs Online-Versandgeschäft 1994 rasch wuchs, musste der 30-jährige Quant noch einen Namen finden: Amazon sollte sein neuer Laden heissen, mit dem er aus dem Sekundenhandel angeödet ausstieg. Der Amazonas führt mehr Wasser als die sieben nächstkleineren Flüsse zusammen. Dieser Name wurde zur selbsterfüllenden Prophezeiung, denn Amazon in Seattle wurde das weltweit grösste Versandportal. Eine Handvoll der nächst kleineren Versandhäuser können ihm - zusammengerechnet - nicht einmal das Wasser reichen. Das Psychogramm dieses Mannes ist ganz ähnlich demjenigen von Elon Musk: Von seiner Geschäftsvision und einem unerschütterlichen Optimismus beseelt, arbeitete er hart und lieferte Verbesserungsideen am laufenden Band. “Get big fast” war von der Gründung 1994 bis zur Internetblase 2001 sein Motto, das er von seiner mit besten Köpfen bestückten Entourage eisern abverlangte. Nichts konnte ihn mehr zur Weissglut bringen, als die zaghafte Forderung nach “work-live-balance”. Amazon wurde zunächst als Bücherdistributor gross. Für die Führungsriege war es Pflicht, sich am Samstagvormittag in Jeffs Literaturclub weiterzubilden. Klagen seiner Finanzchefs über ruinöse Kennzahlen quittierte er mit legendärem Lachen. Jahrelang verteidigte er seine Geschäftsvisionen gegen die Unkenrufe der Finanzanalysten, so dass er stets Geldgeber fand, die ihm vertrauten. Diese Standhaften wurden belohnt! Heute ist Amazon mit über 100 Milliarden Umsatz und mit einer Viertelmillion Mitarbeiter in 300 so genannten Erfüllungszentren das ultimative Versandhaus, vom Fahrradreifen zum Weltraumflug, mit den besten Vergleichsmöglichkeiten, Lieferservices und Preisen. Ähnlich wie Musk betreibt Jeff seine Firma Blue Origin, die ebenso Trägerraketen vertikal gelandet und wiederverwendet hat. Doch nicht der Warenfluss allein machte Bezos zum mächtigsten Allesverkäufer, sondern die dafür nötigen Datacenter, die heute den grössten und stabilsten Gewinn für Amazon abwerfen. Big Data ist Amazons Fundament, ohne das gar nichts mehr funktioniert.
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Hauptquelle: Brad Stone: Der Allesverkäufer. Jeff Bezos und das Imperium von Amazon.

Dienstag, 19. Januar 2016

Elon Musk


Elon Musk 2015

Während die Unternehmer-Ikone Steve Jobs durch die Kinosäle flimmert, ist der 44-jährige Weltveränderer Elon Musk erst im Kommen. Sein Vermögen wird auf 13 Milliarden USD geschätzt. Der robuste Mann hat es selbst erworben durch Genialität, äusserste Risikofreude verbunden mit stahlharter Willenskraft und unsäglicher Leidensfähigkeit, als wiederholt alles zu scheitern drohte. Wie Jobs verlangte er von sich und seinen Mitarbeitern alles ab. Er ist ein getriebener Marsianer, beseelt von der Vision, eines nicht allzu fernen Tages auf dem roten Planeten mit 80’000 Siedlern eine Kolonie zu gründen, zur Rettung der Menschheit, falls die Erde im Klimawandel unbewohnbar würde. Die Bücher dazu hat er schon als Kind in Südafrika verschlungen. Als Zwölfjähriger schrieb er erste Computerprogramme. Seither arbeitet er zielbewusst an der Umsetzung, mit wachsendem Erfolg, 1995 als Besitzer eines Internetverzeichnisdienstes, den er gewinnbringend verkaufte, später mit dem Online-Bezahlsystem Paypal, das ihm einen Geldsegen von 200 Millionen einbrachte, als es von eBay übernommen wurde.

An Weihnachten 2015 wurden wir Zeugen eines beispiellosen Etappenziels: Seine 9-flammige Trägerrakete Falcon 9 kehrte, nachdem sie 11 Satelliten in Umlaufbahnen abgesetzt hatte, zurück und setzte sanft auf ihrem Startplatz in Cape Canaveral auf. Es war wie wenn der Film des Starts rückwärts abspult, doch diesmal war es real! Der Wiederverwendbarkeit der 400 Tonnen schweren Rakete steht nun nichts mehr im Weg. Es geht Musk darum, mit seiner Weltraum-Firma SpaceX die Kosten zu drücken. Durch konsequenten Eigenbau der Triebwerke, der Raketenhülle und nicht zuletzt der Computerelektronik für den Transfer von Satelliten in die Erdumlaufbahn senkte der verspottete Entrepreneur den Preis auf ein Drittel oder Viertel im Vergleich zur etablierten amerikanischen, russischen, chinesischen und europäischen Konkurrenz. Die Wiederverwendbarkeit der Raketen wird den Preis weiter drastisch ermässigen. Für 2017 sind Personentransporte zur ständigen Raumstation ISS geplant. Dafür wird die wiederverwendbaren Raumkapsel Dragon mit sieben Sesseln feudal eingerichtet. Ferner plant Elon Musk mit einer 27-flammigen Rakete Falcon Heavy Menschengruppen, wie sie auf der Erde in einem grossen Bus reisen, auf den Mars fliegen zu lassen. Der Jungfernflug der Heavy ist im Oktober 2016 gebucht, freilich vorerst “nur” für geoorbitale Satelliten-Nutzlast und noch nicht in einer Fluchtbahn zum Mars. Jedoch wurden durch SpaceX die Raumfahrtambitionen der USA und ihre trägen Zudiener definitiv aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt.

Mit seinen Ideen, seiner Tatkraft und seinem Geld weckte Elon Musk zwei andere Industriezweige, die US-Autoindustrie und die Solarindustrie, aus ihrer Lethargie. Gleichzeitig mit SpaceX (Los Angeles) gründete er im Silicon Valley den Autohersteller Tesla. Eine Autobranche, die noch immer auf fossilen Treibstoff setzt und nicht auf Elektroantrieb umstellen will, ist in Musks Augen frevlerisch. 2008 brachte er unter der Marke Tesla Roadster den ersten vollelektrischen Seriensportwagen heraus. Es war die Zeit, als die US-Autobranche und die Finanzmärkte einbrachen. Trotzdem wurden bis 2012 2500 Roadster verkauft. Nun lief die Oberklassenlimousine Tesla Model S vom Band, die man auch in Kilchberg immer häufiger sieht. Musk wollte gleichzeitig eine grosse Reichweite, modernste Navigationshilfen und Fahrassistenten, eine maximale Beschleunigungsfähigkeit, dazu Komfort, was mit einem geräuschvollen Benzin-Hilfsmotor nicht zu erreichen ist. Nach Apples Vorbild entstanden weltweit Tesla-Verkaufsläden, worin der Tesla S zum Preis ab etwa 70’000 Dollar verkauft wird. Das ist nicht übertrieben hoch, sind doch die Sprit-(Solarstrom) und Servicekosten gleich Null. Im Vergleich zu den tausend Teilen in einem Benzinmotor besteht der Motor des Tesla aus nur 3 beweglichen Teilen und ist ohne Getriebe direkt mit den Rädern verbunden. Musk überzog die USA mit 2500 Schnell-Ladestationen, die den Strom ausschliesslich aus Sonnenzellen beziehen. Teslas laden ihre Batterien dort gratis. Auch in der Schweiz gibt es bereits 11 Supercharger-Stationen mit je 6 Ladeplätzen. Möglich machte das die Firma Solar-City, Elon Musks dritte Firma, die er mit seinen Cousins, den Gebrüdern Rive, betreibt. Solar-City ist eines der grössten und erfolgreichsten Cleantech-Unternehmen in den USA. In etwa 30 Minuten kann die Batterie im Tesla S aufgeladen werden mit Energie, die für 400 oder mehr Kilometer reicht. Noch schneller geht es mit einem Batterietausch, wofür am Wagenboden eine Vorrichtung eingebaut ist. Musk ist nun der grösste Verbraucher von Lithium-Ionen-Batterien und wird in diesem Jahr eine Megafabrik in der Wüste Nevadas in Betrieb nehmen, um auch die Tesla-Batteriepacks selber zu bauen. Panasonic liefert die Zellen-Technologie und ist an der Fabrik beteiligt. Vorausschauend erwartet man eine gigantische Nachfrage nach den Tesla Hightech-Akkus, denn es soll bald das Tesla Modell 3 auf den Markt kommen, zum Preis von nur 35‘000 Dollar, der eine hohe Stückzahl verspricht. Teslas Batterien werden auch massenhaft in Gebäuden eingebaut, um die Verbrauchs-Tagesschwankungen und die variable Sonneneinstrahlung auszugleichen. Selbstverständlich tendiert Musk auf komplette Unabhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz, was in Neubauten bereits jetzt machbar ist. Als nächstes wird das SUV Tesla Modell X in unseren Strassen Aufsehen erregen. Es besitzt nämlich Flügeltüren, die nach oben aufklappen. Es bietet mit sieben vorwärts gerichteten, teils drehbaren Sitzen maximalen Spass, Komfort und praktischen Nutzen, insbesondere für Familien. 2014 wurden gut 50’000 Teslas abgesetzt. Tesla fordert damit Mercedes und BMW im Oberklassensegment heraus, mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Deutschen kein wirklich zukunftsweisendes Antriebskonzept vorweisen können. Es wird deshalb interessant sein, zu beobachten, wie die benachbarte Autonation dieses Manko ausgleichen wird. Schon jetzt haben die Europäer rein elektrische Modelle in der Palette, die aber alle mit Tesla nicht mithalten können, insbesondere bei der Reichweite der Batterien. Möglich dass hier und dort Tesla-Batterien eingebaut werden, womit das kostbarste Stück im europäischen Auto dann von Tesla wäre. Elon Musk hat übrigens die vielen Patente aus seiner Fahrzeugentwicklung freigegeben, in der Absicht, damit eine Grundwelle des Umdenkens in der Branche auszulösen und die Aufholjagd abzukürzen. Dazu sagte Musk: “Wenn die Offenlegung der Tesla-Patente bedeutet, dass andere Unternehmen leichter Elektroautos bauen können, dann ist das gut für die Menschheit.”

Die schwere Zeit im Jahr 2008 – Space X und Tesla hatten enorme technische Probleme und standen vor dem Konkurs – sagt viel über Musks Charakter aus. Man begegnet einem Mann, der mit nichts in die USA gekommen war, ein Kind verloren hatte, in der Presse von Journalisten und seiner Exfrau verspottet wurde und beinahe sein Lebenswerk scheitern gesehen hätte. Er konnte härter arbeiten und mehr Stress aushalten als jeder andere. Er aber hat nicht einfach nur überlebt. Er hat immer weiter gearbeitet und zwar hoch konzentriert. Seine Fähigkeit zur Konzentration mitten in der Krise ist tatsächlich einer der wichtigsten Ressourcen von Musk. Die meisten Führungskräfte, die unter solchen Druck geraten, bekommen Angst, sie  treffen dann falsche Entscheidungen. Elon dagegen wird hyperrational und kann weiterhin sehr klare, langfristige Entscheidungen treffen. Je schwieriger es wird, desto besser wird er. Jeder, der aus erster Hand gesehen hatte, was er durchmachen musste, hatte hinterher mehr Respekt für ihn. Menschen, die so viele Schmerzen aushalten, sind rar. Dennoch ist es derzeit schwierig, die Person Elon Musk zu würdigen. Seine Vision einer interplanetaren Gesellschaft ist noch weit entfernt. Damit würde er die Menschheit inspirieren wie kaum jemand zuvor. Die grossen Entdecker wie Kolumbus und Magellan wären klein dagegen. Musk ist sich dessen durchaus bewusst, wenn er rhetorisch fragt: “Glauben Sie, dass ich verrückt bin?” Und doch ist er drauf und dran, Personen mit Ausrüstung ins Weltall zu bringen und unversehrt zurückzuholen, zu einem winzigen Bruchteil der Kosten. Was einer halben Million Fachleuten in den 50 US-Staaten in Jahrzehnten nicht gelang, schaffte er mit 3000 Leuten in wenigen Jahren in einer einzigen Fabrik. Doch was würde bestehen bleiben, wenn ihm etwas zustiesse? Er schützt sich nicht, läuft weitgehend ohne Aufpasser herum. Mit Space X, Tesla Motors, Solar-City und der Gigafabrik für Batterien in Nevada wird er für über 20’000 Mitarbeiter verantwortlich sein. Da wird über Klimawandel nicht verhandelt, sondern die überzeugendsten Innovationen gegen Erderwärmung einfach verwirklicht – und der Menschheit gleichzeitig, für alle Fälle, eine Fluchtmöglichkeit verschafft. Sein Beispiel wird Cleantech weltweit befeuern und die Hoffnung, was nachhaltige Technologie für die Menschen Gutes tun kann, wieder aufleben lassen. Er befasst sich viel stärker und vielseitiger mit Details als etwa Steve Jobs oder Bill Gates. Musk kann programmieren und besitzt auch ein umfassenderes Wissen als diese beiden. Er hat immerhin Wirtschaft und Physik studiert und ist sehr belesen. Die Öffentlichkeitsarbeit macht er, leicht stotternd, oft selbst. Seine fünf Söhne, Zwillinge und Drillinge, aus erster Ehe nimmt er auf Geschäftsreisen mit und hofft, dass es sie bildet. Mit seiner zweiten Frau Talulah Riley bespricht er auch technische und geschäftliche Fragen, besonders seit er seine rechte Hand, Mary Beth Brown, eine blitzgescheite und loyale Mathematikerin, kurzerhand entlassen hat. Er kann die besten Leute anheuern und dennoch ein knallharter Patron sein. Privat aber ist er sanft, emotional und sehr beschützerisch. Er ist nicht von Launen getrieben, sondern steckt mit seinen Visionen an. Er verstrickt sich nicht in Details, er arbeitet zielorientiert, und seine Ziele könnten grossartiger nicht sein. Vor kurzem hat Elon Musk sich mit anderen Unternehmern und Wissenschaftlern in der Nonprofit-Gesellschaft „OpenAI“ zusammengetan, um die positiven Aspekte Künstlicher Intelligenz zu erforschen. OpenAI stehen eine Milliarde Dollar Startkapital zur Verfügung. Musk hatte in der Vergangenheit mehrfach vor den Gefahren der Künstlichen Intelligenz gewarnt und sie als die "vermutlich grösste Gefahr für unsere Existenz" bezeichnet. OpenAI hat das Ziel, digitale Intelligenz so zu erweitern, dass die gesamte Menschheit davon profitieren kann. Dies ist das Credo von Elon Musk: Der Menschheit zu dienen
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Literatur:
- Ashlee Vance: Elon Musk: Wie Elon Musk die Welt verändert - Die Biografie. FinanzBuch Verlag, 2015, 368 S.
https://www.ted.com/talks/elon_musk_the_mind_behind_tesla_spacex_solarcity, auch als Hörbuch bei Audible
- Reportage von National Geographic zur Tesla Autofabrik in Fremont, Kalifornien: https://youtu.be/R7OAcdNWF_0
- Ausführlicher neutrale Fahrbericht für Tesla S Stand 2015: https://www.youtube.com/watch?v=OwjofNmr4fM