Mittwoch, 27. November 2013

LED



Adventslichter an Fassaden und Bäumen erleichtern uns den Abschied von einem grossen Sommer.  Energieverschwendung? Das war einmal. Die heutigen Lichterketten verwenden LEDs und bleiben kalt, da sie bei gleicher Leuchtkraft nur einen Zehntel Energie verbrauchen. Licht emittierende Dioden (LED) sind ein Produkt der Halbleiterphysik. Auf ihnen ruht die Beleuchtungstechnik der kommenden Jahrzehnte. Wie eine Glühlampe leuchtet, erfährt jedes Kind, wenn es das erste Mal einen Draht erhitzt; wenn es heiss wird, kommt das Licht. Das Wiensche Verschiebungsgesetz erklärt die Beziehung zwischen der Temperatur und der Wellenlänge des Lichts: Je heisser das Metall, desto weisser glüht es. Die Sonne benötigt knapp 6000 Grad für ihr weissblaues Licht. - Wie aber begreifen wir die LED? Sie leuchtet weissblau und bleibt fast kalt! Wie in der Glühlampe, liegt ein Leiter an einer elektrischen Spannung. 3 Volt sind genug. Fliessen 2 Ampère, sind das 6 Watt, und die 40 Watt Glühlampe ist ersetzt. Die LED erwärmt sich kaum, die Leistung wird fast völlig in Licht umgesetzt. Das Geheimnis liegt im Leiter, genauer ist es ein Halbleiter, ein Art Salzkristall, zum Beispiel Galliumnitrid. Stellen Sie sich eine Golfwiese vor mit vielen Löchern, alle sind 10 cm tief. Bei Raumtemperatur vibriert der Golfplatz, so dass einige Bälle (Elektronen) herausspringen und vom Wind (elektrische Spannung) über das Feld getrieben werden. Einige treffen wieder auf ein Loch und fallen 10 cm tiefer.  Sie liegen dort auf einem tieferen Niveau fest. Die Rekombination eines Balls mit einem Loch setzt ein immer gleiches Energiequantum frei (hörbar durch einen „Klack“). Im Atomgitter des Halbleiters entsteht stattdessen ein Lichtquant, seine Farbe entspricht der Fallenergie, ist also für einen bestimmten Golfplatz (Halbleitermaterial) typisch. LEDs waren früher einfarbig. Heute bettet man sie in eine Lumineszenz-Schicht ein, die einfarbige Lichtquanten in weissliches Licht umwandelt. So erreicht man eine natürliche Farbtemperatur. (Geposted im November 2013)
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Kriminell?


Neulich landete verführerische Post, die alle Spamfilter passierte, auf meinen Bildschirm: Ein Anwalt aus London stellte sich freundlich vor und orientierte mich über eine Erbschaft von 7 Millionen Euro von seinem Mandanten Thomas Fricker. Dieser sei unerwartet an einem Herzinfarkt verstorben. Verwandte seien nicht auszumachen. Er hätte meinen Namen im Internet  gefunden.  Er schlug vor, mir 50% zu überlassen, 35% für seine Bemühungen zu nehmen und 15% einer gemeinnützigen Organisation zu spenden. Dieses Vermögen hätte garantiert keinen kriminellen Ursprung.  Er würde für alle notwendigen Dokumente und ein Ursprungszeugnis sorgen, so dass wir die zuständige Bank aufklären und die Geldüberweisung durch legale Rechtsmittel abwickeln könnten. „Alles, was ich von Ihnen benötige, ist Ihr Vertrauen und eine gute Zusammenarbeit“, schrieb er zum Schluss. Wow, dann könnte ich mich ja zur Ruhe setzen! Ich untersuchte das Mail genauer: Es war in sauberem Deutsch abgefasst. Sein Name war im Londoner Telefonbuch bekannt, seine Kanzlei hatte eine gediegene Homepage, er war „Principal Attorney“ und hat drei Partner, die sich mit Finanz- und Vermögenssachen befassen. Zusammen mit Fachpublikationen und Registernummern machte das einen professionellen Eindruck. Maps zeigte mir das vornehme Haus an zentraler Lage in der City. Die Telefon- und Faxnummern stimmten. Die Mailadresse wurde bei einem auf Anwälte spezialisierten Provider in England gehostet. Alle Indikatoren im grünen Bereich – bis auf einen! Ich griff im Text gewisse Sätze heraus, die ein Spammer mehrfach brauchen könnte. Damit googelte ich und – bingo – dieser Brieftrick ist bekannt: Der Text kursiert, leicht variiert, an verschiedenen Orten und wird vernichtend kommentiert. Und ich war drauf und dran, einen hiesigen Fachmann zu konsultieren, der mir für die Transaktion zur Seite steht. Nun schickte ich das Mail in den Spam-Ordner, verlor glücklicherweise keine weitere Zeit und Spesen damit, und fragte mich: Warum hat ein arrivierter Anwalt das nötig? (Geposted Oktober 2013)

Interface


Klaus Bartels hat in seiner Buchbesprechung das Interface ins Zentrum gerückt, die Benutzeroberfläche dieser Computer, auf die der Mensch (zit.) obendrauf schaut, aber nicht hinein, geschweige denn hindurch. [1] Ich habe auf derselben Seite das Ego-Pad skizziert, das möglicherweise eines nicht allzu fernen Tages bewusst wird und sich damit selbst adaptiert und optimiert, was nichts anderes bedeutet, als dass es auf seinem inneren Interface die Regler und Schaltflächen autonom  bedienen wird. Nun geistert ein dritter Text von Thomas Metzinger  in diese Runde, worin der Bewusstseins-Philosoph konstatiert, dass unser  Selbstmodell transparent ist. Wir sehen nur das Abbild der Welt, in der wir uns als Subjekte bewegen, in der wir handeln. Aber wir sehen (normalerweise) jenes Medium nicht, das uns diese Erkenntnisse herbeischafft und Aktionen ermöglicht. Wir sehen nicht das Fensterglas, sondern den Vogel, der vorbeifliegt. Ein Pianist, der im Wechselspiel mit einem grossen Orchester ein Klavierkonzert meistert, kann dies mit geschlossenen Augen tun, obgleich seine Finger die 88 Tasten kunstvoll traktieren. Wir beobachten und manipulieren ein Weltmodell, wie es uns erscheint, aber wir bemerken die innere Benutzeroberfläche nicht, auf der wir spielen. Folglich ist es entscheidend, wie ein Maschinen-Interface gestaltet ist.  Wir möchten, dass die Computer für uns arbeiten und wir Prozesse steuern weit jenseits der  Benutzeroberfläche, die wir doch eher ins Pfefferland wünschen. Deshalb war Steven Jobs ein Genie, weil er ungeheuer leistungsfähige Helferlein mit menschenfreundlichen Gesten bedienbar machte, und darum glaubt Ballmers Microsoft, die Kacheloberfläche so hartnäckig verteidigen zu müssen, obgleich wir lieber mit Tastatur und 2-Knopf-Maus bis an unser Lebensende weiterfahren möchten. Der Wettbewerb um die beste Benutzeroberfläche [2] ist entbrannt, weil wir sie nicht mehr wahrnehmen möchten. Der Mensch denkt, und der Computer lenkt, und die beste Verbindung schafft ein unsichtbares Interface. (Geposted September 2013)
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1] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=691874920839931&set=pcb.691875014173255&type=1&theater
2] http://www.tagesanzeiger.ch/digital/mobil/digital/mobil/Textarbeit-am-Tablet/story/10008015

Ego-Pad


Das Smartphone hat durch globale Vernetzung und lokale Rechenleistung eine beispiellose Entwicklungsstufe erreicht. Es überwacht unser Wohlbefinden. Es reagiert auf Blickkontakt und berührungslose Gesten. Dank einer raffinierten Sensorik weiss es weit mehr über die Trägerin und ihre Umgebung, als sie selbst. Anscheinend beginnt jetzt wieder ein neues Zeitalter. Das treue, hilfsbereite und intelligente Helferlein von Daniel Düsentrieb, das mit seinem Glühbirnenkopf meine Fantasie als Kind beflügelte, wird bald Realität! Unsere Kinder werden erfahren, ob und wann es möglich sein wird, dass ihre Pads Gefühle zeigen, ob sie Freude empfinden oder leiden, ob sie sich selber reparieren können – wie es auch das Helferlein konnte – und ob sie zu denkenden Partner werden. Es stellt sich immer deutlicher die Frage, ob Bewusstsein technisch machbar ist. Das müssten wir uns so vorstellen: Das Pad erfasst Zeit und Geostandort, besitzt die Karte seines Umfelds samt Dienstleistungen, Verkehrsfluss und Nachbarschaftsbeziehungen. Es weiss, mit wem es sich einlässt. Es erkennt seine Bewegung im Raum und ob sein Besitzer es beachtet. Es misst dessen Körperfunktion. Es greift auf das Internet zu und kann akustisch, haptisch, optisch erkennen. Es vergleicht seine Befunde mit anderen.  Kurz, es verfügt über ein Weltmodell. Daraus zieht es Schlüsse, entscheidet und agiert intelligent. Es berücksichtigt Vergangenheit und antizipiert Zukunft. Es optimiert seine Maschinerie selbst.  Beim Menschen ist das die Homöostase des Vegetativums. Das Pad wird zum Träger seiner Welt, die es einzigartig repräsentiert und aus der es kommuniziert, denn es ist nach wie vor ein Telefon!  Nichts kann uns daran hindern, zu vermuten, dass es Bewusstsein besitzt. Für den jugendliche Menschen, der schon heute das Handy nicht mehr aus der Hand gibt und immerdar vor der Nase herumträgt, wird das künftige Ego-Pad zum massgebenden Kameraden und unverzichtbaren Coach, der seine Stimme versteht, simultan hin und her übersetzt und einfach cool reagiert. (Geposted August 2013)
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Twitter


Epidemisch erhoben sich in arabischen Ländern viele Einwohner gegen die Bevormundung durch ihre Regimes. Wie von einer unsichtbaren Hand gelenkt, beklagen Wenige am Anfang Kleinigkeiten, um sich dann lawinenartig zu vermehren und als Fundamental-Opposition gegen die Regierung zu demonstrieren. Neuerdings erfasst die Unrast die Türkei, wo mit zunehmender Härte re(a)giert wird, und Brasilien, wo die Korruption grassiert. Es sind vor allem fortschrittliche Menschen, die aufbegehren, und viele besitzen ein Smartphone. Twitter, Facebook, Youtube sind deshalb immer zur Hand. Wo Sie hinschauen, sehen Sie Menschen, die das winzige Denkzeug bedienen. Twitter scheint eine Schlüsselrolle bei der spontanen Rekrutierung der Massen zu spielen.1] Twitter ist ein soziales Netzwerk für Kurznachrichten, die von Personen ausgehen. Man kann sich einzelnen Sendern anschliessen, und/oder selber zum Sender werden. Wer etwas mitzuteilen hat, kann es sekundenschnell verbreiten. Als Twitter-Mitglied kann man solchen Meinungsmachern folgen, man wird zum Follower (Nachfolger). Wichtige Meldungen kann man re-tweeten (weiterpiepsen) an seine Follower. Diese re-tweeten ihrerseits und sorgen für lawinenartige Ausbreitung der Meldung, wenn sie der gleichen Meinung sind.  Wenn man selber interessante Tweets (Kurznachrichten) schreibt, oft auch mit Link zu ausführlicherem Text,  hat man bald selber Follower. Man kann öffentlich oder privat für seine Follower Nachrichten absondern und ihnen auch eine Direktnachricht zukommen lassen. Es braucht für Twitter das Smartphone nicht unbedingt, weil Twitter auch vom Handy mittels SMS bedient werden kann. So wurde Twitter zum ultimativen Rekrutierungsmedium, wenn es um die Information von Gesinnungsgenossen und die Organisation von Kundgebungen geht. Zweifellos liegt in der globalen und individuellen Vernetzung durch Twitter & Co. der Grund, weshalb heutzutage ziviler Ungehorsam über den Stadtrand hinaus geopolitische Umwälzungen auslösen kann. (Gepostet im Juli 2013)
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1] Die sozialen Medien sind ein wichtiges Kommunikationsmittel bei den Protesten gegen die türkische Regierung. Ein neues Gesetz soll Abhilfe schaffen. Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.welt.de/politik/ausland/article117238267/Tuerkei-will-Nutzung-von-Twitter-strafbar-machen.html.