Sonntag, 31. Januar 2010

PC-Physiker


Wenn der Hahn tropft, rufen Sie den Sanitär. Wenn die Lampe flackert, ist der Elektriker zur Stelle. Wenn der Computer abstürzt – versucht man ihn selber zu reparieren... Ausgerechnet wenn es kompliziert wird, ärgert man sich tagelang, bis man den PC-Fachmann zu Rate zieht. Es könnte ja etwas kosten...! Die kleinste Beule am Cayenne lässt man für zweitausend Franken reparieren. Für den PC ist jede Hunderternote zu viel. Schliesslich hat man ihn bei Aldi für 333 Franken gekauft, mit Antivirus vom Verkäufer betriebsbereit installiert. Wenn es mit dem Internet nicht klappt, ist der Telefonsupport auch nach den ersten 6 Gratismonaten noch kostenlos, selbstverständlich auch nach Feierabend. Wenn man Glück hat, kann man das Callcenter auch noch fragen, warum der Drucker nicht läuft. Ein kleiner Telefonflirt könnte nichts schaden, schon ist die Leistung erschlichen. Man vertraut dem PC die wertvollsten Ferienfilme an und die wichtigsten Daten, nämlich die bald fertige Diplomarbeit und die Steuererklärung. Ganz abgesehen von den Firmendaten, wo heute eine CD zur Staatsaffäre wird! Jetzt lässt er sich nicht mehr starten, o weh! Gestern gings doch noch nach dem dritten Versuch. Guter Rat muss her! Weiss nicht der Freund meiner Schwester Bescheid, der arbeitet ja als Programmierer bei der Bank. Lange Telefonate, Autofahrten rund um den Zürichsee, es ist Freitagabend und am Montag ist Abgabe der Diplomarbeit. Dabei startet der PC schon seit zwei Wochen nur noch im dritten Anlauf und braucht dafür eine Ewigkeit. Am Sonntagabend, nach einem Wochenende mit Rettungsversuchen, ist auch der Bankfachmann verdriesslich, und die Freundschaft steht auf dem Spiel. Jetzt erinnert man sich an das kleine Inserätli im Kilchberger Gemeindeblatt, wie hiess doch der PC-Physiker? ... Flicker, glaub ich. Was der wohl für die Stunde verlangt? Das weiss doch Gerda, sie hatte ihn schon einmal konsultiert. Wie, Fricker hiess er? Er kroch bei ihr sogar unter das Pult, brachte Ordnung in den Kabelsalat. Seither kann sie dort wieder Staub saugen. Eine solche Arbeit darf doch nichts kosten. Ich dachte, Physiker berechnen den Protonenstrahl am Cern. Warum soll der was vom PC verstehen? Höre ich recht, danach lief alles wieder? Was, teurer als 333 Franken? Hab ich mir doch gedacht. Das steht in keinem Verhältnis zur Anschaffung! Aber ohne Fricker wären die Filme von den Korallenriffen futsch und die Diplomarbeit verloren und mit der Steuererklärung müsste ich nochmals anfangen. Und mein Chef droht mir mit Kündigung. – Gottseidank, Fricker nimmt den Hörer ab.

Freitag, 15. Januar 2010

FreundIn


Der Boom von Facebook zum Beispiel deutet darauf hin: In der Computerwelt wird 2010+ die Dekade der Beziehungsnetze. Was auch als Web 2.0 konotiert wurde, wird nun Tatsache. Das World Wide Web ist, wie eine grosse Stadt, eine Vergemeinschaftung. Sie bietet von allem und für alle etwas. Doch den Menschen gefällt es nicht, wenn Konzerne, Spekulanten und Organisationen ganze Quartiere prägen und nach ihrer Façon einrichten. Es entsteht darin kein intensives Leben. Kathedralen werden von immer weniger Menschen aufgesucht. Doch an Orten wie im Palavrion drängt sich Körper an Körper, die Menschen bilden eine Traube, die bis auf die Strasse quillt. Es wird ihnen dort nichts aufgezwängt, die Menschen sprechen miteinander, wie und mit wem es Ihnen gerade gefällt. Genauso im Web.

Als eine Art von Basar hat das kostenlose Facebook inzwischen 350 Millionen wiederkehrende Benützer. Es bietet eine leicht – auch übers Handy – zugängliche, neuartige Abbildung realer Beziehungsnetze auf dem Bildschirm. Kernfunktionen wie Personenprofile, Kontaktnetze, Mailbox und Pinnwand sind im Vordergrund. Dazu kommen Alben, Eventlisten, bevorzugte Webseiten und spezielle Anwendungen, deren personenbezogene Benutzung unkompliziert ist. Facebook bietet den Ausgleich zwischen der weltoffenen „Stadt“ und der verbindlichen Gemeinschaft. Dabei sind soziale Bedürfnisse wie Kontaktsuche und abgestufte Privatheit bestens integriert. Facebook selbst kann in bestehende Webseiten integriert oder mit erfolgreichen Gemeinschaften verknüpft werden. Beispielsweise gibt es eine Facebook-App mit dem Fotoalbum Picasa, das wir früher besprochen haben, oder mit Elance, der Welt-Jobbörse, oder Facebook und Twitter, dem personenbezogenen Nachrichtenportal. Das Bildtelefon Skype lässt sich ebenfalls ins Facebook einbauen. Die Verknüpfungs-Initiative geht dabei von Facebook-Benutzern aus, Aussenstehendes wird assimiliert und Facebok wächst selbstorganisiert. Da sich immer mehr Leute im Rahmen des Facebook bewegen – der Durchschnittsbenützer verbringt täglich 55 Minuten im Facebook – wird die Facebook-Suche immer wichtiger. Ich tippe dort „sanitas“ ein und sehe als erstes „Rettet die Geburtsabteilung im Sanitas!!“ eine so genannte Facebook-Gruppe, die schon Tausend Mitglieder hat. Facebook macht es mir einfach, dort beizutreten und einfach zuzuschauen oder selber mitzudiskutieren. Ich kann, wenn ich mag, öffentlich sichtbare Kommentare und Proteste zu hinterlassen, die selbstverständlich mit deinem Namen und deinem Profil verknüpft sind. Nebst den Gruppen können auch Webseiten, Anwendungen, Veranstaltungen angemeldet und gefunden werden.

Facebook ist nicht ohne Konkurrenz. Wer das beste „Livestreaming“ bietet, in dem man die Aktivitäten von seinem Blog, Twitter, Fotoalbum oder Facebook-Profil zusammenführen kann, ist noch nicht absehbar. Die Idee ist, dass Nutzer ihre Online-Aktivitäten an einem Ort sichtbar machen und dort gleichzeitig miteinander kommunizieren können. Der Wettlauf ist indessen voll entbrannt. Google steht mit Wave in den Startlöchern. Facebook hat derzeit die Nase vorn. Windows Live spielt auf seine Weise mit. Mein Tipp: Unser Workshop besuchen und selber ausprobieren!